Der EB im Vogtland – auf 130 Kilometer wenig Neues

Weizenfelder im Vogtland

Welcome to Flyover Country!

Der Begriff Flyover Country kommt aus den USA und beschreibt (leider ein wenig abwertend) die inneren Staaten der USA, die man als Amerikaner, oder auch Tourist, nur vom Überfliegen kennt, es sich aber offensichtlich nicht lohnt dort zu landen. Wir haben uns diesen Begriff bei unseren Wanderungen angeeignet und beschreiben damit Wanderabschnitte, die weniger sehenswertes zu bieten haben (ohne selbstverständlich diese Gebiete abwerten zu wollen). Bei einem Fernwanderweg dieser Länge gibt es immer wieder Abschnitte, die durch landschaftlich weniger schöne Gegenden führen und die mehr oder weniger das Bindeglied zwischen den reizvollen Abschnitten in den Naturparks sind. Das ist ja auch logisch, da in keinem Land die Natur- oder Nationalparks wie an einer Perlenschnur aneinanderhängen. Dazwischen gibt es immer wieder urbane Gebiete, die eben weniger interessant sind. So ist es auch auf dem EB selbstverständlich, dass es ein Auf und Ab landschaftlicher Highlights gibt. Mit dem Vogtland hat man – aus unserer Sicht – einen solchen Flyover-Abschnitt erreicht.

Rastbank im Vogtland
Hinweisschild für eine Pause – nice!

Im Vogtland laufen wir uns in den Flow

Himbeerenzeit
Unsere täglichen Vitamine

Mit Verlassen des Naturparks Thüringer Schiefergebirge/Obere Saale erreicht man das Vogtland. Hier wird der EB zu einem einfachen, jedoch unspektakulären, Fernwanderweg, der kaum landschaftliche Höhepunkte bietet. Doch gerade in dieser, stark von der Landwirtschaft geprägten, Region kommen wir so richtig in den Wander-Flow. Die einfachen Wege ermöglichen ein rasches Vorankommen und wir fliegen nur so über die sanften Hügel des Vogtlandes. Jetzt, Mitte Juli, sind die Himbeeren reif und in jedem Wald hängen die Büsche übervoll mit den himmlisch süßen Früchten. Das mit dem raschen Vorankommen muss ich wohl noch einmal revidieren, denn wir kommen selbstverständlich an keinem der Büsche vorbei, die so zahlreich in den Wäldern und am Rande der Felder stehen. Nach über 300 Kilometern wandern merke ich nun allmählich, dass sich meine Kondition verbessert. Natürlich sind die Wanderwege durch das Vogtland einfacher, aber dennoch spüre ich, dass ich mittlerweile in der Lage bin längere Etappen zu bewältigen ohne diverse Leiden am Abend. Es geht voran….

Die Talsperre bei Pirk
Die Talsperre Pirk
Infotafel des EB
Wie man sieht, liegt noch ein weiter Weg vor uns

Plauen ist die einzige Großstadt, die man auf dem deutschen EB durchquert. Wir meiden in der Regel große Städte bei unseren Wanderungen, da dies immer mit endlosen Asphaltstrecken durch langweilige Industriegebiete und Vororte verbunden ist. Tja, musste durch! Oder doch nicht? An einem ziemlich heißen Nachmittag kommen wir am Stadtrand von Plauen an. Am hiesigen Strandbad gibt es eine Bushaltestelle. Natürlich überlegen wir nicht lange und nehmen den Stadtbus in die City, schließlich haben wir ja ein 9 € Ticket. Ist das geschummelt? Ich denke, nein. Wir sind bezüglich des EB nicht päpstlicher als der Papst und ersparen uns kilometerlange „Wanderungen“ durch Großstädte, von denen es auf dem EB ohnehin nicht viele gibt. In Plauen selbst und der näheren Umgebung sind Campingplätze rar, weshalb wir uns ein Zimmer in der Innenstadt gönnen. Nach vierzehn Tagen ist dringend eine Wäsche fällig, die auch sogleich nach der Ankunft in der Unterkunft erledigt wird. Selten habe ich so dreckiges Waschwasser gesehen. Durch das trockene Wetter der letzten Wochen sind die Wanderwege unglaublich trocken, und mit jedem Schritt umgibt einen eine Staubwolke feinster Erden, die sich im Gewebe der Kleidung festsetzt. Und nicht nur dort.

Stadt der Spitze - Plauen
Plauen ist eine „spitzen“ Stadt

Ein paar Worte zu Wäschepflege und mehr……

Dem Thema Waschen und Köperpflege unterwegs könnte man eigentlich einen eigenen Artikel widmen, was ich jedoch nicht vorhabe. Die Pflege des Körpers und der Wäsche auf Langstreckenwanderungen ist eine ganz persönliche Sache, die jeder anders handhabt. Uns wurde zu Beginn der Wanderung gesagt, dass man, unter der Voraussetzung einer guten Planung, den gesamten EB mit täglich festen Unterkünften laufen kann. Diese Ansicht teile ich jedoch nicht. Es gibt auf dem EB immer wieder Abschnitte, auf denen man keine festen Unterkünfte innerhalb einer laufbaren Etappenlänge findet, ohne dass man gezwungen ist den Wanderweg zu verlassen. Für uns war deshalb von Anfang an klar, dass wir mit einem Zelt unterwegs sein werden, auch um die Etappen flexibler gestalten zu können. Natürlich wollten wir das Zelt auch bei jeder Gelegenheit nutzen, damit es nicht umsonst herumgetragen wird. Überraschenderweise war das am Rennsteig noch am einfachsten möglich. Auch im Schiefergebirge und dem Thüringer Meer gibt es zahlreiche Campingplätze, weshalb wir bis dato keine festen Unterkünfte benötigt haben. Ab dem Vogtland wird dies anders.

Zelten im Vogtland
Heimlicher (oder heimeliger) Zeltplatz im Vogtland

Die Campingplatzdichte ist deutlich geringer und die schönen Schutzhütten des Rennsteigs findet man ebenfalls nicht mehr. Ich weiß, dass Wildzelten in Deutschland (aber auch in Tschechien, Polen und der Slowakei) verboten ist, weshalb ich hier keine Werbung dafür machen werde. Nur so viel: wer sich ruhig zurückzieht, findet immer ein Plätzchen, womit wir wieder bei der Wäschepflege wären. Selbst im Hochsommer trocknet handgewaschene Wäsche im Freien nicht über Nacht, weshalb wir uns dafür alle paar Tage eine feste Unterkunft gemietet und dort einen Großteil der Wäsche erledigt haben. Mit einem kleinen Trick wird die Wäsche bis zum nächsten Tag trocken. Einfach die handgewaschenen Kleidungsstücke auf ein trockenes Badetuch (muss aus Baumwolle sein) legen und dies einrollen. Die beiden Enden der Handtuchrolle in gegengesetzter Richtung drehen. So wird die darin liegende Wäsche vorsichtig ausgewrungen und ist danach deutlich trockener und bis zum nächsten Tag auf jeden Fall wieder komplett trocken. Was die Körperpflege betrifft, so haben wir uns an fast jedem Gewässer gewaschen, welches unseren Weg kreuzte. Ob Schwimmbäder, Seen oder Flüsse, im Sommer nimmt man jede Gelegenheit dankbar an.

Seichte Hügel im Vogtland
Das östliche Vogtland ist durchaus hügelig

Wanderalternative im Vogtland – der Vogtland Panoramaweg

Einer der größten Fernwanderwege des Vogtlandes ist der Panoramaweg Vogtland, der auf einer Gesamtlänge von 230 Kilometern einmal rund um, bzw. durch, das Vogtland führt. Seine Markierung sind die roten Initialen VPW (Vogtland-Panorama-Weg) rot eingerahmt vor einem weißen Hintergrund. Ab der Ortschaft Oelsnitz südlich von Plauen verläuft der südliche Teil des Panoramaweg Vogtland auf weite Strecken identisch mit dem EB. Im östlichen Vogtland trennen sich die beiden Fernwanderwege wieder und der EB überschreitet die Grenze zum Erzgebirge. Im tiefsten Osten des Ostens geht es für uns weiter …..

Schilderwald im Vogtland
Im Vogtland gibt es noch viele Wanderwege mehr…
Wegweiser im Vogtland
Aber der EB ist im Vogtland allgegenwärtig

Der EB im Vogtland – unser Fazit

Das Vogtland ist für uns ein typisches Flyover Country Abschnitt des EB, was zunächst einmal nach jeder Menge Langeweile klingt, aber nicht zwangsläufig so sein muss. Wir sind im Vogtland so richtig in den Wandermodus gekommen und konnten auf den recht einfachen Wanderwegen jede Menge Kilometer in kurzer Zeit reißen. Die Beschilderung wird im Vogtland wieder etwas besser und es setzt sich die typisch rotweiße Markierung des EB durch. Das Einzige, was uns im Vogtland weniger gefallen hat, ist die Streckenführung, die zunehmend über Land- oder Asphaltstraßen führt. Das aber wird sich im anschließenden Erzgebirge leider nicht bessern. Ich frage mich insgeheim, ob mit der Wende jede vorhandene Straße, selbst wenn sie nur durch Wälder führt, geteert wurde. Es wird mir immer ein Rätsel bleiben, warum man die halbe Welt asphaltieren muss.

Weizenfeld im Vogtland
Einfach (und) schön – das Vogtland!

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