Norwegen – Wandern im Jotunheimen Nationalpark – mit Jugendlichen auf den Besseggen

Nachdem wir am Anfang des Urlaubs aufgrund des schlechten Wetters zwei geplante Touren komplett gestrichen haben, öffnet sich gegen Ende der Reise eine Lücke von vier Tagen, die wir gerne in einem weiteren Nationalpark verbringen würden. Von der Hardangervidda aus bieten sich gleich mehrere Naturschutzgebiete an: der Folgefonna Nationalpark, Hallingskarvet Nationalpark, Jostedalsbreen Nationalpark und der Jotunheimen Nationalpark. Wir entscheiden uns für den Jotunheimen Nationalpark, da die Wetteraussichten für die östlichen Nationalparks vielversprechender sind, als die in den westlichen Landesteilen.

Gleich vorweg verraten: das war die absolut richtige Entscheidung. Wir hatten tatsächlich vier Tage Bilderbuchwetter in einem der beliebtesten Nationalparks Norwegens.

Der Jotunheimen – das „Heim der Riesen“

Der Jotunheimen ist nicht nur einer der beliebtesten Nationalparks des Landes, sondern auch einer der meistbesuchten. Gerade die Norweger selbst lieben ihren Jotunheimen Nationalpark, dessen Name übersetzt „Heim der Riesen“ bedeutet. Das Gebirge des Jotunheimen ist das höchste Norwegens und Nordeuropas. Zwanzig Gipfel des Jotunheimen Gebirges liegen über 2.300 m. Die beiden höchsten Berge sind der Glittertind mit 2.452m, und mit 2464 m ist der Galdhøpiggen der höchste Berg Norwegens. Das gesamte Gebirge umfasst eine Fläche von rund 3500 km², von dem nur ein Teil zum Naturschutzgebiet erklärt wurde. Neben dem Wandern sind auch das Bergsteigen und Klettern im Jotunheimen sehr beliebt, Möglichkeiten dazu gibt es in dem rauen und wilden Gebirge zu Genüge.

Wir starten in der Ortschaft Geilo in der Hardangervidda Richtung Nordosten. Zwischen uns und unserem Ziel, Maurvangen im Besseggen Fjellpark, liegen ca. 200 Straßenkilometer. Noch sind wir bezüglich Wanderungen ziemlich planlos, da die Entscheidung für den Jotunheimen Nationalpark ziemlich spontan fiel.  An einer auf unserer Route gelegenen Touristeninformation informieren wir uns über Wandermöglichkeiten im Jotunheimen Nationalpark. Sehr schnell empfiehlt man uns als must do die Überschreitung des Besseggen Grats, eine der beliebtesten Wanderungen im Jotunheimen Nationalpark. Weitere Recherchen im Internet ergeben, dass dies eigentlich die Wanderung ist, die so ziemlich alle Nationalparkbesucher unternehmen. Wir sind ein wenig skeptisch, ob diese von der Tourismusbehörde gehypte Wanderung tatsächlich etwas für uns ist. Des weiteren sehen wir die Schwierigkeit, dass man für die Überschreitung des Grats eigentlich schwindelfrei sein sollte. Nach langem hin und her entscheiden wir uns für eine abgespeckte Form des Besseggen.

Die Top-Wanderung im Jotunheimen Nationalpark – über den Besseggen-Grat

Die meisten – oder so ziemlich alle – Besseggen-Wanderer fahren am frühen Morgen mit dem Boot von Gjendesheim über den Gjendesee nach Memurubu. Von dort pilgern in der Hochsaison ganze Heerschaaren über den Besseggen-Grat zurück nach Gjendesheim. Der Grund dafür, dass fast alle Wanderer diese Richtung laufen ist zum einen die Tatsache, dass man den kritischen Grat in dieser Richtung nach oben läuft, und zum anderen man genügend Zeit für die Wanderung hat und am Abend nicht mehr auf ein Boot angewiesen ist. Wer allerdings in der Hochsaison ein frühes Boot nach Memurubu möchte, sollte ebenfalls im Voraus buchen. Läuft man von Gjendesheim nach Memurubu ist der schwierige Grat ein Abstieg, was deutlich unangenehmer ist. Dafür teilt man sich die Strecke mit deutlich weniger Mitwanderern. Wir entscheiden uns für eine Wanderung von Gjendesheim bis zum Beginn des Grats. Von dort soll man die schönste Aussicht auf die beiden Seen Gjende und Bessvatnet genießen. Unserem einen von Höhenangst geplagten Familienmitglied zuliebe verzichten wir auf die Gratwanderung.

Erste Ausblicke auf den Gjende See

Die Wanderung über den Besseggen wird als „anspruchsvoll“ beschrieben, wird aber laut norwegischem Wanderverband nicht in den höchsten Schwierigkeitsgrad eingeteilt. Auf einer Länge von ca. 14 Kilometern müssen ca. 1.000 Höhenmeter überwunden werden. Wir starten am Campingplatz in Maurvangen und laufen bis kurz vor den Besseggen-Grat unterhalb des Gipfels des Veslfjellet (1.745 m). Laut unserer Navigations-App waren dies nach der Wanderung 17 Kilometer (return) und 900 Höhenmeter.

Den Weg vom Großparkplatz zum Startpunkt der Wanderung kann man sich sparen, wenn man ein Shuttle zum Bootsanleger in Gjendesheim nimmt. Damit wird die Wanderung um. 1,5 Kilometer kürzer. Wir jedoch sparen uns mit einem Start am Campingplatz gegenüber des Großparkplatzes zum einen die Parkgebühr und zum anderen die Shuttlegebühr.

Am eigentlichen Startpunkt weißt ein unscheinbares Holzschild auf den Wanderweg zum Besseggen-Grat hin. Zu Beginn ist der Weg recht steil, jedoch mit vielen angenehmen Treppenstufen versehen. Schnell erreicht man die ersten schönen Aussichtspunkte. Wir haben mit dem heutigen Tag den mit Abstand schönsten Tag der letzten Wochen erwischt, berichten uns Einheimische. Es ist wirklich unglaublich, wenn man dieses Wetter mit der Wetterlage der letzten Wochen vergleicht. Ein echter Hochsommertag mit den schönsten Aussichten, die man in diesem Nationalpark nur haben kann. Sind wir nicht Glückskinder?

Letzter „Anstieg“ zum Gipfel

Im weiteren Verlauf wird der Weg steiniger und ein bisschen schwieriger, aber immer noch gut begehbar. Je höher wir steigen, um so felsiger, und mit einigen kleinen Kletterpassagen versehen, wird der Weg. Wanderstöcke kann man in diesem unebenen Gelände gut gebrauchen. Unsere Fußmuskulatur wird durch das ständige Über-Steine-Laufen gut trainiert. Zum Gipfel hin wird der Wanderweg wieder deutlich flacher. Wir laufen durch eine karge Steinwüste dem Gipfel des Veslfjellet (1.745 m) entgegen. Bisher liefen nur sehr wenige Wanderer mit uns, jedoch werden sie im Verlauf der Wanderung zahlreicher, wobei uns die meisten entgegenkommen. Unsere Entscheidung für die gegengesetzte Richtung war wohl nicht die schlechteste. Nach ca. 5 Kilometern haben wir den höchsten Punkt unserer Wanderung, den Gipfel des Veslfjellet, erreicht. Nach einer Mittagspause laufen wir noch ca. einen Kilometer den Berg hinunter bis zum Beginn des Grats und genießen den Ausblick für den diese Wanderung berühmt ist. Er ist zweifelsohne schön, aber aus irgendeinem Grund reißt mich das nicht vom Hocker. Ich verstehe nicht so recht, warum gerade diese Wanderung im Jotunheimen Nationalpark so überlaufen ist.

Blick auf den Gjende See
Blick auf den Besseggen-Grat und beide Seen im Panorama-Format

Fazit unserer Wanderung auf den Besseggen

Der Besseggen-Grat wird als eine Top-Wanderung im Jotunheimen Nationalpark gehypt. Es ist ein Wanderweg, den alle laufen, die den Jotunheimen besuchen. Ich jedoch finde diese Wanderung in ihrer Schönheit überbewertet. Selbstverständlich bietet sie grandiose Ausblicke, aber eben nicht schönere wie man sie im Jotunheimen generell genießt. Nur die Tatsache, dass man zwei Seen mit unterschiedlicher Farbe und Höhe auf einmal sehen kann, machen diese Wanderung für mich nicht automatisch zu einem must see. Ich finde, man kann durchaus mit der Masse mitlaufen, muss man aber nicht.

Schwierigkeitstechnisch ist die Wanderung zum Besseggen-Grat (nicht die Überschreitung!) aus unserer Sicht nicht außerordentlich anspruchsvoll. Bei schlechtem Wetter kann dies natürlich anders aussehen. Ältere Wanderer oder Familien mit Kindern (ab ca. 8 Jahren) können den Besseggen-Grat ohne Schwierigkeiten gehen. Man benötigt lediglich eine gute Wanderausrüstung und vielleicht ein bisschen mehr Zeit als die Profis.

Weitere Wandertipps im Besseggen Fjellpark

Das Gebiet rund um den Besseggen ist wunderschön und hat so viele tolle Wanderungen zu bieten, weshalb ich den Hype um den Besseggen-Grat nicht so ganz nachvollziehen kann.

Wer Höhenangst geplagt oder mit kleineren Kindern unterwegs ist, dem kann ich den „kleinen Bruder“ des Besseggen empfehlen. Hier wandert man auf die Knutshøe, ein kleinerer Berg, welcher direkt gegenüber des Besseggen-Grats liegt. Diese Wanderung ist mit 500 Höhenmeter und ca. 13 Kilometer (return) wesentlich einfacher zu begehen.  Die Ausblicke müssen auch hier wunderschön sein. Eine weitere leichtere Wander-Alternative ist der Weg entlang des Gjende Sees nach Memurubu.

Wir haben eine Wanderung auf der andere Seite des Tals zum See Brurskardsjonne unternommen. Diese war trotz 800 Höhenmeter auf 10 Kilometer wesentlich einfacher zu begehen und bot ebenfalls wunderschöne Ausblicke über die Bergwelt des Jotunheimen Nationalpark.

Wanderung auf der anderen Seite des Besseggen

Unser Tipp: Erkundigt euch vor Ort über Alternativ-Wanderungen zum Besseggen-Grat. Es gibt neben der Top-Wanderungen im Jotunheimen Nationalpark noch so viel Schönes und Unbekanntes zu entdecken.

Kennst du noch weitere Wanderungen im Jotunheimen Nationalpark? Wir freuen uns, wenn du sie mit uns teilst.

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weitere spannende Wanderungen findest du auf unserer interaktiven Tourenseite →

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