Wandern in Schweden – meine Erfahrung als junge Frau alleine auf dem Kungsleden

Meine Tochter auf dem Kungsleden
Mit 18 alleine auf dem Kungsleden – warum nicht?

Ein Reisebericht von Clara Sinterhauf

Der Traum vom ersten eigenen Wander-Abenteuer

Wegweiser KungsledenZum ersten mal vom Fernwanderweg Kungsleden habe ich im Jahr 2021 gehört. Meine Eltern und ich (17) trafen auf unserer Schwedenreise eine junge Frau, die gerade einmal achtzehn war und den bekanntesten Wanderweg Schwedens im besagten Jahr abgeschlossen hatte. Ich war mit meinen Eltern schon sehr oft wandernd unterwegs. Das Wandern ist somit nichts besonderes für mich. Aber in dem Moment als wir dieses junge Mädchen trafen, fragte ich mich zum ersten Mal wie es wohl wäre so etwas alleine zu machen – als junge Frau, die gerade erst volljährig ist.

Bisher konnte ich mich bei unseren Familien-Wandertouren immer auf meine Eltern verlassen. Morgens sorgten sie dafür, dass wir rechtzeitig losliefen, wenn es regnete trieben sie mich voran, und wenn ich abends erschöpft ankam, bauten sie das Zelt für mich auf. Der Gedanke auf sich alleine gestellt zu sein und dies alles selber zu machen zu müssen war sehr aufregend für mich. Nach diesem Erlebnis beschäftigte ich mich intensiv mit dem Kungsleden, der laut Schwedenfans der schönste Wanderweg Skandinaviens ist. Glücklicherweise hatte mein letztes Schuljahr vor mir und wusste, dass ich danach genug Zeit haben würde einen längeren Wanderweg, wie den Kungsleden, zu laufen. Mit zahlreichen wirren Gedanken und Träumereien im Kopf beschloss ich im darauffolgenden Jahr den Kungsleden zu wagen. Immerhin würde ich dann endlich achtzehn Jahre alt sein (und meine Eltern könnten es nicht mehr verbieten), und aus Internetrecherchen habe ich in Erfahrung gebracht, dass der Kungsleden mit 450 Kilometern und einer Laufzeit von ca. 3 Wochen ein recht einfacher Wanderweg für Einsteiger mit wenig Langstreckenerfahrung ist.

Auf dem Kungsleden
Der Kungsleden ist ein guter Fernwanderweg für Einsteiger

Auch wenn ich den Kungsleden alleine gelaufen bin, so half mir meine Mutter während der gesamten Vorbereitungszeit. Ohne sie hätte ich vermutlich die Hälfte an lebenswichtigem Equipment vergessen, oder zu viel Unnötiges mit mir herumgeschleppt. Trotz ihrer aktiven Mithilfe waren meine Eltern von meinem Vorhaben, den Kungsleden alleine zu laufen, nicht besonders angetan. Eltern halt! So suchte ich mehrere Wochen nach einer Reisebegleitung in meinem Alter, was leider nicht erfolgreich war und ich beschloss final alleine loszuziehen. Meiner Familie versicherte ich öfter ein update zu schicken, um sie zu beruhigen. Das musste reichen.

Versorgungshütten auf dem Kungsleden
Versorgungshütten auf dem Kungsleden

Anfang August 2022 begann mein Abenteuer Kungsleden. Nach zwei Stunden Flug, einen halben Tag in Stockholm und siebzehn Stunden in einem Nachtzug kam ich endlich in Abisko, dem nördlichen Startpunkt des Kungsleden, an. Ich will nicht lügen, aber diese ersten zwei Tage waren für mich die schwierigsten. Auch wenn man den Reiseprozess mit seinen Eltern schon öfter erlebt hat, so ist es keinesfalls damit vergleichbar, wenn man ihn alleine durchlebt. Es ist schwer zu erklären, aber ich habe mich während der Anreise konstant verloren und alleine gefühlt. Doch nachdem ich das große Starttor zum Kungsleden durchschritten hatte und der Wanderweg vor mir lag, waren diese Gefühle wie weggewischt. Mein großes Abenteuer Kungsleden, von dem ich über ein Jahr geträumt hatte, begann endlich…..

Der Startpunkt des Kungsleden in Abisko
Der Startpunkt des Kungsleden in Abisko – mein Abenteuer beginnt

Und wie war es dann in real …??

Angst vor dem Alleinsein muss man auf dem Kungsleden auf keinen Fall haben. Ich habe in den drei Wochen meiner Wanderung unglaublich viele und nette Leute kennengelernt, die aus den verschiedensten Ländern kamen. Selbst wenn ich mal ein oder zwei Tage alleine gelaufen bin, so habe ich abends oder zwischendurch immer wieder Wanderer getroffen und kennengelernt und war somit niemals einsam.

Auf dem Kungsleden
Einsamkeit auf dem Kungsleden ist selten

Tatsächlich überraschte es mich selbst, wie eigenständig ich sein konnte. Das klingt vielleicht etwas merkwürdig, aber ich möchte damit nur sagen, dass die Erfahrung all seine Sachen selbst zu tragen, für mich unglaublich wichtig war und mich nicht nur mental enorm stärkte. Ich sorgte komplett für mich selbst und war für alle Entscheidungen alleine verantwortlich. Wie ich meinen Rucksack packe. Wie viel und was ich nachkaufe, damit mein Rucksack nicht zu schwer wird, ich aber trotzdem bis zur nächsten Fjällstation nicht hungern muss. Wie und wo ich mein Zelt aufstelle. Laufe ich los, wenn es regnet oder der Wetterbericht ein Gewitter ankündigt? All diese Entscheidungen stärkten mich und ich liebte es, sie unabhängig von anderen treffen zu können. Natürlich habe ich auch Fehler gemacht, aber habe immer aus ihnen gelernt und diese Fehler mit Sicherheit kein zweites Mal begangen.

Mein Equipment auf dem Kungsleden
Mit meiner Ausrüstung kam ich erstaunlich gut zurecht

Die Wanderung auf dem Kungsleden verlief also besser als ich im Vorfeld dachte. Nach zahlreichen wunderbaren Erlebnissen und Erfahrungen kann ich nur jeder jungen Frau empfehlen einen Fernwanderweg, wie den Kungsleden, zu wagen, auch – oder gerade – alleine. Das Abenteuer Kungsleden war für mich eine grandiose Erfahrung, die ich auf keinen Fall missen möchte.

By the way, ich plane schon mein nächstes Wanderabenteuer…

Endpunkt des Kungsleden in Hemavan
450 km geschafft! Und glücklich! Das Ziel des Kungsleden in Hemavan
Der Kungsleden
Ich habe mich in die Landschaft des Kungsleden regelrecht verliebt
Die Beschilderung des Kungsleden
Die Markierung des Kungsleden ist hervorragend
Auf dem Kungsleden
Traumwetter und Traumweg Kungsleden
Schutzhütte auf dem Kungsleden
Schutzhütte auf dem Kungsleden

Für Fragen zum Kungsleden stehe ich gerne zur Verfügung. Wenn dir mein Erfahrungsbericht gefallen hat, dann freue ich mich über einen Kommentar von dir.  

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8 Kommentare zu „Wandern in Schweden – meine Erfahrung als junge Frau alleine auf dem Kungsleden“

  1. Hej, Clara, was für ein schöner Einstand!!! Der Kungsleden war für mich (damals auch 18, aber zusammen mit einem Kumpel) der große Einstieg ins Wander- und Reiseleben. Hab mich ebenfalls sofort in die Landschaft, die Weite, die Wildnis und das Reisen verliebt. Das hält an bis heute und in Zukunft. Dein Bericht hat meine Gedanken aber nochmal direkt in die nördlichen Gefilde gelenkt (früher meine zweite Heimat…), da gibt’s noch so viel zu entdecken! Bin gespannt, wo’s dich noch so ohne Eltern hintreibt!
    Viele Grüße
    Dein „Wanderspuren-Mit-Blogger“ Volker

    1. Hallo Volker,
      Danke für deinen Kommentar. Reisen ohne Eltern ist ganz anders und ich glaube, dass der Kungsleden für mich nur der Anfang war. Mal sehen, wo es für mich dieses Jahr hingeht….
      Viele Grüße
      Clara

  2. hi , wow hut ab vor dir ich bin 42 und traute mich bis jetzt noch keine einzige reise alleine zu machen … klar alleine wandern geh ich schon einfach dort wo ich herkomme aus der schönen schweiz… nun mal so eine frage was hast du ausgegeben für flug und equipment und was hast du alles dabei gehabt… da ich in meinen ferien 5 tage wander möchte auf dem jura höhenweg in der schweiz.. wäre noch intressant was du absolut schwachsinnig findst zum mitnehmen und was du das sinnvollste fandest…

    1. Hallo Sabrina,
      die komplette Anreise von Frankfurt nach Abisko und von Hemavan zurück nach Frankfurt hat ungefähr 450€ gekostet. Der Flug hat davon ungefähr 250€ gekostet. Das meiste Equipment hatte ich noch von vorherigen Reisen und das Zelt habe ich mir ausgeliehen. Für mich war mein warmer Schlafsack sehr wichtig (er hat eine Komforttemperatur von -2 Grad). Dennoch habe ich öfters mit Fleecejacke schlafen müssen. Es ist schwierig zu sagen was unnötig für mich war, da ich alle meine Ausrüstungsgegenstände benutzt habe. Dennoch würde ich im Nachhinein sagen, dass ich auf ein oder zwei Kleidungsstücke hätte verzichten können. Ich hoffe ich konnte dir helfen und wünsche dir viel Spaß auf dem Jura Höhenweg. Viele Grüße Clara

    2. Hallo Sabrina, toller Bericht und Hut vor der mutigen, jungen Frau. Mich würde interessieren, wieviel km du pro Tag gelaufen bist, wie schwer war dein Rucksack, wie hast du es mit Trinken und Essen gemacht, über längeren Zeitraumraum versorgt zu sein. Kann man eine Liste des survival Equipment von deiner Mutter erhalten? Vielen Dank Matthias

      1. Hallo Matthias,

        ich denke mal, dass du mich ansprechen wolltest. Ich heiße jedoch Clara 😉
        Vielen Dank für das Kompliment. Natürlich möchte ich dir auch deine Fragen beantworten:
        Pro Tag bin ich zwischen 18 und maximal 28 Kilometer gelaufen. In meinem Reiseführer waren die Etappen kleiner gehalten, von denen ich oft zwei an einem Tag gelaufen bin. Die Kilometer, welche man laufen kann richten sich auch an den Bootsfahrten, die man auf dem Kungsleden regelmäßig hat.
        Mein Rucksack war zu Beginn der Reise 13 kg schwer. Davon waren 4 kg Lebensmittel dabei, sodass ich in der ersten Woche wenig Nahrungsmittel nachkaufen musste. Trotzdem kann man auf vielen Hütten Grundnahrungsmittel kaufen (was natürlich sehr teuer ist). Dafür muss man aber rechtzeitig an der Hütte sein, da der Verkauf höchstens bis 20 Uhr geöffnet ist. Eine größere Auswahl an Lebensmitteln findet man an den Fjällstationen vor, und am südlichen Ende des Kungsleden gibt es zwei Ortschaften mit Supermärkten. Um das Thema Trinkwasser muss man sich auf dem gesamten Kungsleden keine Gedanken machen. Ich hatte nur eine 0,75 Liter Flasche dabei, die ich an jedem Flusslauf aufgefüllt habe. Das Wasser in Lappland muss nicht gefiltert werden. Ich habe auch viele Wanderer getroffen die ausschließlich mit einer Outdoortasse ihren Wasserbedarf gedeckt haben.
        Bezüglich was ich dabei hatte frage ich bei meiner Mutter mal nach. Sie wird dann in Kürze ein update im Reisebericht machen.
        Ich hoffe, ich konnte deine Fragen ausreichend beantworten. Und natürlich wünsche ich dir viel Spaß, wenn du auch den Kungsleden wandern möchtest.
        Viele Grüße
        Clara

    1. Hallo Alexander,
      danke für deinen netten Kommentar. Ich gebe das feedback gerne an meine Tochter weiter. Für sie war der Kungsleden ein großes Abenteuer, aber – ich denke – für sie erst der Einstieg und es werden noch viele weitere Abenteuer auf sie warten.

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