Grund 1: Bei kaum einer Freizeitbeschäftigung kommt man der Natur näher als beim Wandern
Aus meiner Sicht ist das Wandern die idealste Tätigkeit der Natur ganz nah zu kommen, näher als bei allen anderen Freizeitbeschäftigungen, die ich kenne. Natürlich gibt es viele weitere nahurnahe Sportarten, aber lasst mich erklären, warum ich gerade beim Wandern solch eine innige Verbindung mit der Natur aufnehmen kann.
Nicht das Laufen selbst, sondern das langsame bewegen in der Natur, tief im Wald, durch Felder und ungemähte Wiesen streifen, verbindet den Wanderer mit der Natur. Läuft man durchs Dickicht berührt man Bäume und Sträucher. In den Pausen kann man auf einer schönen Blumenwiese liegend der Erde, ihren Pflanzen und kleinen Tieren ganz nahekommen, am Flussufer auf Steinen sitzen und diese berühren, an klarem, kalten Wasser sich erfrischen. Es gibt beim Wandern unzählige Gelegenheiten mit der Natur in direktem Kontakt zu treten. Gerade bei langen Fernwanderungen, wenn man über mehrere Tage und Wochen in der Natur verbringt, erfährt man die Kraft und Stärke der Natur sehr intensiv, positiv wie auch negativ. Und selbst wenn uns die Natur mit ihren Urgewalten auf negative Weise berührt, z.B. bei einem Gewitter, so ist das eine sehr innige Erfahrung, die einen positiv berühren kann.
Grund 2: Das Wandern sprengt die Ketten der Zivilisation und Eigenverantwortung führt zu wahrer Freiheit
In unserem Alltag sind wir ständig umgeben von Vorschriften und Regeln, an die wir uns halten müssen damit das Miteinander funktioniert, wie beispielsweise im Straßenverkehr usw. (was ja auch soweit gut und richtig ist). Beim Wandern abseits der Zivilisation dagegen gibt es wesentlich weniger Vorschriften an die man sich zwingend halten muss. Man hat einen größeren Spielraum sich zu entfalten und kann somit mehr Freiheiten genießen. Natürlich gibt es auch Regeln in der Natur zum Schutz derselben an die man sich zwingend halten muss um diese zu schützen (kein Feuer bei Waldbrandgefahr, keinen Müll hinterlassen usw.), aber je weiter man sich von der Zivilisation entfernt umso stärker ist man auf sich und seine Fähigkeiten, ohne die Annehmlichkeiten der modernen Gesellschaft zu überleben, angewiesen. Diese Eigenverantwortung für sich und sein Tun ist für mich wahre Freiheit.
Grund 3: Grenzerfahrungen stärken das Selbstbewusstsein – beim Wandern wächst man über sich hinaus
Die Tätigkeit des Wanderns erfordert eine körperliche Fitness bzw. führt zu einer besseren körperlichen Konstitution. Daneben wird auch der Geist geschult und ist höheren Anforderungen ausgesetzt. In beiderlei Hinsicht, Körper und Geist, kann man beim Wandern an seine Grenzen gehen und über sich hinauswachsen. Ist man abseits der Zivilisation in einer brenzlichen Lage gibt es kein Aufgeben, man muss zwangsläufig an seine Grenzen gehen. Aber auch bei ungefährlichen Situationen kann man körperlich an seine Grenzen gehen und dabei das Selbstbewusstsein enorm steigern. Wie stolz ist man beispielsweise, wenn am Ende eines mühevollen Anstieges ein fulminanter Ausblick auf einen wartet und man einfach nur glücklich und stolz ist es geschafft zu haben. Beim Wandern erlebt man immer wieder Situationen, die einen stolz und ehrfürchtig ob der eigenen Leistung zurücklassen und man über sich hinausgewachsen ist.
Grund 4: Weniger ist mehr – oder warum Wandern der ultimative Belohnungssport ist
Das Wandern macht einen zwangsläufig zu einem Minimalisten, da man über mehrere Wandertage gar nicht so viel mit sich herumtragen kann oder möchte. Das gilt für die Basisausrüstung, aber vor allem auch für die Verpflegung. Großartige Gaumenfreude bleiben einem auf einer Streckenwanderung, gerade abseits der Zivilisation, meist für längere Zeit verwehrt. Umso mehr freut man sich dann über die kleinen Dinge des Lebens. Das kann ein genussvoller Schokoladenriegel am Ende eines langen Wandertages ebenso sein, wie eine warme Suppe an einem kalten regnerischen Abend. Auf solche Kleinigkeiten freut man sich beim Wandern mehr als man dies zuhause tun würde. Auch die kühle Erfrischung auf einer einsamen Berghütte lässt einen Wanderer tief befriedigt und glücklich zurück. Für mich ist das entbehrungsreiche Wandern somit der ultimative Belohnungssport, bei dem man sich auf unverhoffte oder kleine Genüsse um ein Vielfaches mehr freuen kann.
Grund 5: Wandern ist der ideale Sport für Ältere um körperlich fit zu bleiben
Das Wandern als Sport habe ich selbst erst in meinen mittleren Lebensabschnitt für mich entdeckt. Als Kind und Jugendliche fand ich das Wandern (was oft nur ein Spazierengehen war) einfach nur langweilig. Meine bevorzugte Sportart damals war das Radfahren, was sich lange nicht änderte. Zwar habe ich in meiner Jugend die eine oder andere Streckenwanderung unternommen, das Wandern aber blieb lange eine zweitrangige Freizeitbeschäftigung. Da änderte sich Mitte meiner vierziger Jahre mit kleinen Wanderungen ohne Kinder in der Heimat. Aus den Tageswanderungen wurden kleine Streckenwanderungen mit und ohne Kinder, und nach und nach verdrängte das Wandern das Radeln als meine liebste Freizeitbeschäftigung. Heute bin ich der Meinung, dass das Wandern der ideale Sport für ältere Menschen ist, um so lange wie möglich fit zu bleiben. Selbst wenn manche behaupten, dass Radfahren gelenkschonender sei, so habe ich ganz andere Erfahrungen machen können. In früheren Jahren hatte ich bisweilen beim Radeln Schmerzen in den Knieen, die – seit ich regelmäßig wandern gehe – komplett verschwunden sind. Das Wandern – und Nordicwalking mit Stöcken – ist ein Ganzkörpertraining, welches die Gelenke nur mäßig belastet, aber sehr effektiv beim Muskelaufbau für den Bewegungsapparat insgesamt ist. Ein Arzt sagte einmal zu mir, dass das Wandern als Bewegungsart aus Sicht der Evolution dem Menschen am ehesten von der Natur aus gegeben ist, weil er sie als Jäger und Sammler schon immer ausgeführt hat.
Weitere körperlich positive Effekte des Wanderns sind, dass es den Blutdruck und den Cortisolspiegel senkt und die Durchblutung des Gehirns und anderer Körperteile anregt. Mehr Positives braucht es nicht zu berichten, um wandern zu gehen, finde ich.
Grund 6: Wandern ist eine kostengünstige Sport- und Reiseart und für jedermann (und natürlich Frau) möglich
Zum Wandern benötigt es nicht viel. Selbst mit einem geringen Budget kann man diese Sport- und Reiseart ausüben. Selbst ein Wanderschuh muss nicht zwangsläufig teuer sein, er muss passen. Mein liebster Wanderschuh mit dem ich mehr als 1.500 km zurückgelegt habe war ein günstiger Sportschuh, der mich gerade einmal 50 € gekostet hat. That´s it! Natürlich braucht es für einen Wanderurlaub noch einiges mehr, aber alles in allem kann man sich auch ohne teure und technische Ausrüstung in die Natur begeben und diese genießen. Und das ist es ja worauf es beim Wandern ankommt, der Genuss des Minimalismus.
Grund 7: Wandern ist ein Seelentröster und macht glücklich
Unsere schnelllebige, hektische Alltagswelt sorgt meist dafür, dass wir unter Stress geraten und infolgedessen sich Depressionen und Angstzuständen entwickeln können. Dem kann das regelmäßige Wandern oder ein Wanderurlaub entgegenwirken. Das Wandern hebt die Stimmung und hat eine beruhigende Wirkung auf die Seele. Beim Wandern wird zum Beispiel eine große Menge an natürlichem Vitamin D aus dem Sonnenlicht aufgenommen, ein natürlicher Stimmungsaufheller. Auch die Bewegung an sich ist gut für die Seelenlage. Das Wandern hilft dabei, den Kopf freizubekommen von vielen Alltagssorgen, über die wir zuhause stundenlang grübeln. Beim Wandern können wir – auch wenn es nur für kurze Zeit ist – komplett abschalten und die Seele baumeln lassen. Von einer Tour kommen wir wesentlich entspannter, gelassener und gestärkt zurück. Und glücklicher natürlich auch. Wann probiert ihr es aus…..?
Zum Thema „Wanderliebe“: Was sagst du dazu Volker Otter?
(Text: Volker Otter)
Wandern – ist Definitionssache
Der Müller wanderte immer voller Lust und hat’s vom Wasser gelernt. Da haben wir’s ja schon. Wandern zu Land, Wandern zu Wasser. Ob der Müller das so gemeint hat, weiß ich nicht. Sei’s drum. Wandern kann man auf verschiedene Weise, für mich wichtig, weil Wandern als Reiseart, aber auch mal „schnell“ so oder als Ausflug möglich ist, die vielen Premiumwanderwege des Deutschen Wanderinstituts bieten eine tolle Möglichkeit, gleich mal etwas auszuprobieren. Hier wird sogar zwischen Wanderwegen, Spazierwanderwegen und Stadtwanderwegen Unterschiede.
Da sollte für jeden Geschmack und für jedes Zeitbudget also etwas dabei sein. Man kann Wanderwege genießen, in längere Routen einbinden, da ist bestimmt Platz für Abenteuer, Stille, Herausforderung und Entspannung, Platz für sportliches Voranschreiten, meditatives Schlendern, Verweilen, Einkehr, was auch immer das Herz begehrt. Insofern ist es gar nicht so leicht, dieses Wandern zu definieren“, was wohl der Müller dazu sagen würde?
Und natürlich kann man klassisch wandern auf Schusters Rappen (wie der Müller), aber auch mit dem Rad, Touren- und Langlaufski oder mit dem Kanu. Allen gleich ist das Ansinnen, eine Strecke zurückzulegen, egal, ob One-Way oder Rundtour und allen gemein ist, dass man sich dafür Zeit nimmt und in Kauf nimmt, dass die Zeit vielleicht zeitlos wird.
Ausprobieren, welches Wandern zu einem passt
Wenn schon mal klar ist, dass Wandern nicht gleich Wandern ist, dann kann man auch ausprobieren, welche Art zu wandern zu einem passt, der Übergang vom Spaziergang zur Wanderung darf hier fließend sein. Du bestimmst. Während ich mir lange Jahre gesagt habe, dass es mein Ziel sei, im Ruhestand immer noch Bergwandern zu können (und zu wollen), bin ich mir mittlerweile gar nicht so sicher, ob und wie lange meine Gelenke das auch wollen oder können, so habe ich für mich entdeckt, dass Tageswanderungen z.B. auf Premiumwanderwegen oder selbst kreierten Routen (gern auch mal querfeldein) fabelhaft passen oder einfache Langstrecken (z.B. Habichtswaldsteig oder Westerwaldsteig etc.) machbar sind. Ich muss mir mittlerweile aber eingestehen, dass die wochenlangen Wildnis-Langstreckenwanderungen von früher mit großem Gepäck (25-30 kg) für mich vermutlich eher der Vergangenheit angehören, da meine Knie hier dann irgendwann zu meutern beginnen. So tendiere ich im Moment eher zu Radwanderungen als sportliche Tages-Herausforderung über Single-Trails oder als Langstrecke im Mix von An- und Entspannung. Wer weiß, wo‘s mich noch hintreibt, sich treiben lassen passt auch zum Wandern.
Zeitlos sein und neu wahrnehmen
Wie gut ist es, mit offenen Sinnen draußen zu sein, das gilt für die Stadt mit ihren Ecken und Orten, die man immer wieder neu entdecken kann (Folge einem Bachlauf durch die Stadt!) oder auch draußen in der Natur. Offene Sinne habe ich allerdings nur, wenn ich mir Zeit nehme und mich auf das, was mich umgibt, einlasse. Die Zeit kann ich mit Freunden verbringen, wandern mit quatschen und Austausch, wie‘s uns zu Mute ist oder allein, dann bin ich allein, aber nie einsam. Alleine lege ich mich eher einmal unter einen Baum und lasse das Bild aus schwingenden Ästen, einem ziehenden Greifvogel, dem Wind auf der Haut und dem Rauschen des Laubes zusammen mit Wolkenbildern auf mich wirken. Allein lasse ich die Nacht (etwas bange) auf mich zukommen, nur um zu merken, dass mich das Rascheln um mich herum erst noch erschreckt und später aber gut in den Schlaf bringt und mich ein herrlicher Morgenduft mit Vogelkonzert in aller Herrgottsfrühe wirklich wach sein lässt. Manchmal sind es dann genau diese zeitlosen Momente, in denen ich Neues entdecke und einen neuen Blick auf vermeintlich Altes bekomme, Inspiration. Diese Momente sind zeitlos. Zeitlos wird man auch auf längeren Wanderungen, wenn die erste Erschöpfung vorüber ist, die zweite Luft kommt und ich mich mit dem Pfad eingegrooved habe, in einen flow komme und laufen und immer weiterlaufen (oder radeln, paddeln, …) könnte. Zeitlos sein bedeutet hier noch mehr, als nur den Kopf freizubekommen, es ist für die Zeit, die ich mir zumute und gönne ein anderer Aggregatszustand, Mikroabenteuer inbegriffen. Und wenn die Zeit nicht mehr rennt, dann verlangsamt sich das Leben und wird für eine Weile einfacher, weil auf das Wesentliche reduziert. Wandern sollte man sich gönnen, aber Du bestimmst.
Wie stehst du zur These „Wandern macht glücklich“? Was ist das Wandern für dich? Wir freuen uns über einen Kommentar von dir zu diesem Thema.
Den kommenden Sommer steht endlich mein erster Wanderurlaub am Altmühlsee an, worauf ich mich natürlich sehr freue. Wirklich interessant, dass das Wandern gut für die Psyche ist und glücklich macht. Hängt wahrscheinlich auch damit zusammen, dass man sportlich aktiv ist. Danke!
Hallo Lena,
Danke für deinen Kommentar. Ich glaube auch, dass es an der sportlichen Aktivität liegt, dass Wandern glücklich macht. Ich wünsche dir noch viele tolle und glückliche Wanderungen.
Wir haben dieses Jahr zum ersten Mal eine Wanderreise gemacht. Ich habe es schon immer in der Natur und tief im Wald geliebt. Daher bin ich in diesem Urlaub auch voll auf meine Kosten gekommen.