Zelten mit Baby und Kleinkind

Zelten mit Baby und Kleinkind

Es gibt in jedem Leben eines Reisenden einen Wendepunk, einen tiefen Einschnitt in seine Reisegewohnheiten, der die Grundsätze seiner Philosophie des Unterwegsseins komplett auf den Kopf, oder gar in Frage, stellt.

Der Tag dieses Orkans der Gefühlswelten kündigt sich rein biologisch etwa neun Monate vor dem tatsächlichen Ereignis an, lässt einen aber zum eigentlichen Zeitpunkt des Eintreffens nicht minder erschaudern. Es ist ein wohliges und ängstliches Erschrecken und Staunen zugleich. Man(n) bzw. Frau sind urplötzlich Mutter und Vater. Wir sind plötzlich Eltern. Bääm! Selbst, wenn man sich auf dieses Ereignis über viele Monate hinweg intensiv und minuziös vorbereitet hat, so trifft die Ankunft eines Kindes einen dennoch wie ein Paukenschlag. So wird es wohl den meisten frisch gebackenen Eltern ergehen.

Zwei ziemlich beste Freunde
Zwei ziemlich beste Freunde

Und so erging es auch uns, womit die Geschichte eigentlich ein gutes Ende – oder besser gesagt seinen Anfang – nimmt. Nicht aber bei einer kleinen Familie, die mit dem paukenschlagartigen Eintreffen des ersten Nachwuchses zugleich ein kleines Problem gebiert, und zwar das „Wie-verbringe-ich-in-Zukunft-meinen-heißgeliebten-Urlaub“.

„So wie bisher auf jeden Fall nicht“, kündigen die ebenfalls frischgebackenen Großeltern an. Klar, die haben ja auch wesentlich mehr Erfahrung beim Großziehen von Kindern. Andererseits bringen sie jedoch auch bedeutend weniger Erfahrung beim Reisen mit Kindern mit, da sie noch aus einer Generation stammen, welche ihren Jahresurlaub mit der Familie – wenn sie überhaupt alljährlich einen gemacht haben – entweder eine Woche lang in einer grausigen Alpenpension, oder in einer altertümlich eingerichteten Ferienwohnung an der Nordsee verbracht haben. Das war für unsere Eltern eine große Reise, oder besser gesagt ein Urlaub vom Alltag.

Waschtag beim Zelturlaub mit nur einem Baby
Waschtag beim Zelturlaub mit nur einem Baby

„Wir brauchen aber keinen Urlaub vom Alltag! Wir wollen mit unseren Kindern reisen und die Welt entdecken! Und das selbstverständlich so, wie wir es in den letzten Jahren auch praktiziert haben!“ – womit ich jetzt endlich den Bogen zum eigentlichen Thema spanne – dem Zelten mit Baby und Kleinkind.

Die zyklopische Differenz zwischen Theorie und Praxis

Vor den Kindern waren wir ausschließlich mit dem Zelt unterwegs. Als junger Mensch mit beständiger Ebbe im Portmonee musste die Unterkunft vor allem eines sein – günstig. Und dies ist beim Zelten nun mal gegeben. Vielmehr ist es die günstigste Übernachtungsart überhaupt. So sammelten wir bereits lange vor den Kindern diverse Erfahrungen mit dem Zelten und konnten uns mit dem Eintreffen der Kleinen schon – ganz selbstbewusst – als erfahrene Camper bezeichnen. Und selbstverständlich hatten wir auch schon eine Strategie entwickelt, wie wir das Zelten mit Kindern von nun an gestalten wollten. „Gesagt, getan – und so richtig auf´s Maul gefallen!“, könnte man jetzt angesichts unserer ersten wackligen Gehversuche beim Zelten mit den Kleinen bösartig behaupten. Natürlich war es rückblickend in der Realität nicht ganz so dramatisch, aber ich muss gestehen, wir hatten in den ersten Reisejahren einige – natürlich nur ganz kleine – Schwierigkeiten in der Praxis.

Zelten mit Kindern auf einem natürlichen Campingplatz mit viel Raum zum Spielen
Zelten mit Kindern auf einem natürlichen Campingplatz mit viel Raum zum Spielen

Der erste Zelturlaub mit unserem damals sechs Monate alten Baby verlief noch weitgehend unproblematisch. Zum eigentlichen Zelten kam noch erschwerend hinzu, dass wir uns in den Kopf gesetzt hatten, mit Fahrrädern unterwegs zu sein, und somit Tag wie Nacht draußen dem Wetter auf Gedeih und Verderb ausgesetzt waren. Wohlweislich verbrachten wir unseren Urlaub heimatnah, sodass wir jederzeit abbrechen konnten, was glücklicherweise nicht nötig war. Zum Reisebericht →

Gemeinsame Ruhestunden im Zelt sind für alle entspannend
Gemeinsame Ruhestunden im Zelt sind für alle entspannend

Auf der zweiten Reise mit Baby und Zelt in Dänemark konnte unser quirlige Filius schon laufen, eine Erschwernis für alle reisenden Eltern. Sein Forscherdrang brachte uns so manches Mal an den Rand der Verzweiflung. So geschehen, als er sich flink und unbeobachtet von den Erziehungsberechtigten eines Fahrradtools bemächtigte und damit ausgelassen auf seiner selbstaufblasbaren Isomatte herumtrommelte. Ein kurzes, aber hörbares Pfffff, und sie war hinüber. Auch sonst war diese Reise sehr spannend, um es mal harmlos auszudrücken. Zum Reisebericht →

Kinder schlafen auch im Zelt gut
Kinder schlafen auch im Zelt gut

Bei der dritten Reise mit dem Zelt verließen wir ein Stück weit unsere bisherige Reisephilosophie und reisten sehr komfortabel mit dem Auto in den Urlaub. Es war damals wichtig und richtig die Reisestruktur anzupassen. Unsere Tochter war zum Zeitpunkt der Reise gerade zarte zehn Wochen alt. Gezeltet haben wir trotzdem – und was soll ich sagen, es war ein harmonischer Urlaub. Zum Reisebericht →

Das Zelt ist nicht nur Ruhe- und Schlafraum, sondern auch ein Kinderzimmer
In einem Zelt fühlen sich Kinder sehr wohl

Erste größere Schwierigkeiten zeichneten sich bei unserer ersten Fahrradtour mit zwei kleinen Kindern ab. Vom Wetter gebeutelt und den äußeren Umständen überrascht, erlebten wir erste, wirkliche Abenteuer beim Zelten mit einem Baby und einem Kleinkind. Die kleine Ausreißergeschichte unserer damals einjährigen Tochter verfolgt mich bis heute noch. Zum Reisebericht →

Kleine Kinder helfen sehr gerne mit beim Zeltaufbau

Nichtsdestotrotz blieben wir über all die Jahre unserer Reisegewohnheit und -philosophie treu – auch mit den Kindern. Auf unserer knapp einjährigen Weltreise verbrachten wir mit unseren damals 2 und 4 Jahre alten Kindern über 270 Nächte im Zelt, bei idealen Campingbedingungen, aber auch bei Wind und Wetter, sowie außergewöhnlich hohen Temperaturen in der Wüste Australiens. Es gehörte viel Vorbereitung, Erfahrung und Mut dazu, aber es war zu keinem Zeitpunkt eine unmögliche oder gar waghalsige Unternehmung. Wir haben uns von Beginn an herangetastet an das große Abenteuer Zelten mit Baby und Kleinkind, und es zu keinem Zeitpunkt bereut. Zur Weltreise →

Heute, nach über fünfzehn Jahren Zelterfahrung mit Kindern können wir über einige unliebsame Überraschungen und Begebenheiten schmunzeln und über so manche Anfangsschwierigkeit sogar herzlich lachen. Natürlich möchten wir ein paar grundsätzliche Tipps und Infos an wagemutige Eltern, die mit ihren kleinen Kindern zelten wollen, weitergeben.

  1. Das Sprichwort: „Es wird nichts so heiß gegessen wie gekocht“, stimmt auch bei diesem Thema. Vorherige Panik ist daher unnötig, und das in allen Belangen. Man muss keine Angst vor gesundheitlichen Schäden des Kindes durch einen Zelturlaub haben. Genauso wenig ist es erwiesen, dass Babys und Kleinkinder in einem Zelt grundsätzlich schlechter schlafen, als in einem Bett. „Probieren geht über Studieren!“ Damit sind wir immer gut gefahren und haben dabei sehr viel gelernt.
  2. Eine hochwertige Campingausrüstung sowie funktionale Kinderbekleidung sind beim Zelten mit Baby und Kleinkind allerdings ein absolutes Muss! Das Wichtigste ist ein hochwertiger Outdoor-Kinderschlafsack.
  3. Flexibilität ist eine wichtige Tugend beim Zelten mit Baby und Kleinkind. Man muss auch schon einmal bereit sein seine Schlafgewohnheiten zu ändern oder anzupassen. Das gilt in erster Linie für die Eltern, aber auch für die Kleinen, die jedoch in jedem Fall anpassungsfähiger sind als die Erwachsenen.
  4. Babys und Kleinkinder sollten mit dem Zelten zunächst vertraut gemacht werden. Das geht am besten Zuhause im eigenen Garten oder in einer ruhigen Umgebung z.B. im nahegelegenen Wald.
  5. Beim Zelten sollte man einige Hygieneregeln beachten. Dazu gehört vor allem, dass man versucht das Innenzelt möglichst sauber zu halten, d.h. nicht mit Schuhen betreten oder im Schlafraum essen. Sie möchten zuhause ja auch nicht in einem verkrümelten Bett schlafen. Gerade Lebensmittelreste ziehen, so nahe an der Natur, Tiere jeder Art magisch an.
  6. Der richtige Umgang mit der (oft wertvollen) Zeltausrüstung sollte den Eltern vertraut sein. Auch sollte man kleine Kinder nicht mit der Ausrüstung spielen lassen und sie nur unter Aufsicht mit dem Zeltaufbau vertraut machen.
  7. Einen ersten Zelturlaub mit Baby oder Kleinkind sollte man als unerfahrene Camper sorgfältig planen, ggf. den Campingplatz vorab bei einem Kurzbesuch besichtigen und im Zweifelsfall einen Plan B haben, falls das Abenteuer scheitern sollte (z.B. auf dem Campingplatz eine Hütte mieten können oder eine feste Unterkunft in nächster Nähe suchen).
  8. Wildzelten sollte man mit Babys und Kleinkindern nur dann, wenn man über die nötige Erfahrung mit dem Zelten in freier Natur verfügt.
Zelten mit Kindern ist das natürlichste der Welt
Zelten mit Kindern ist das natürlichste der Welt

Unsere kompletten Zelterfahrungen mit Baby und Kleinkind könnt ihr gesammelt in meinem Reisehandbuch „Mit Kindern die Welt entdecken“ nachlesen. Dort werdet ihr zahlreiche Infos und Tipps zum Zelten mit Babys und Kleinkindern finden, wie beispielsweise das Zelten mit Baby und Kleinkind in Gebieten mit giftigen Tieren.

Natürlich könnt ihr euch auch an mich direkt wenden, wenn ihr konkrete Fragen zu diesem Thema habt.

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