Beim Studieren des Wetterberichts am nächsten Morgen kommt leider keine gute Stimmung auf. Eigentlich ist dieses Wetter für die hiesige Region nichts Ungewöhnliches. Regen wechselt sich mit Sonnenschein ab – typisches Nordseewetter eben. Doch da dieser Regen meist unvermittelt und wolkenbruchartig kommt, macht er ein Weiterziehen für uns unmöglich. Ein Grund hierzubleiben und abzuwarten. Der Campingplatz ist sehr schön, doch durch den ständigen, starken Regen ist die Erde inzwischen so aufgeweicht, dass wir regelrecht im Schlamm stehen. Clara, die noch nicht laufen kann, findet das irre spannend. Ich weniger. Da es an einem Tag wie heute kaum irgendwelche Dringlichkeiten zu erledigen gibt, werde ich zum ersten Mal Wäsche waschen. Denn das ist die einzige Aktion, die bei diesem Wetter wirklich dringend notwendig ist.
Am Abend erleben wir noch eine Aktion, die alle bisherigen Erlebnisse dieses Urlaubs, was sage ich, alle Erlebnisse der vergangenen Reisen mit unseren Kindern, in den Schatten stellt.
Was man beim Zelten mit Baby so alles erleben kann
Wir Erwachsenen sitzen, nachdem wir die Kinder im Zelt zur Ruhe gebettet haben, gerne noch ein wenig vor dem Zelt. Leider regnet es schon wieder, oder immer noch, sodass wir es uns im Kofferraum unseres Busses gemütlich machen, der direkt neben dem Zelt steht. Es ist schon fast dunkel, als uns eine ältere Dame anspricht und in einem ganz ruhigen und vollkommen normalen Tonfall fragt, ob das Baby unter dem benachbarten Campingwagen denn unseres sei. Sofort springen wir auf, rennen um den Bus herum und sehen unsere kleine Tochter in ihrem eigentlich weißen Strampelanzug unter dem benachbarten Campingbus sitzen. Vor Matsch und Dreck kaum noch als unser Kind zu erkennen, sitzt sie seelenruhig in der Dunkelheit, knetet mit ihren kleinen Fingern durch den morastigen Boden und probiert ab und zu von der braunen Masse, die sie interessiert und neugierig durch die Finger gleiten lässt. Ich weiß jetzt wirklich nicht, ob ich lachen oder heulen soll, so bizarr ist diese Situation. Natürlich sieht es irre komisch aus, wie unser Sonnenschein hier sitzt und so tut als wäre es das normalste auf der Welt in einem unbeobachteten Moment aus dem Zelt zu schlüpfen und sich auf Entdeckungsreise zu begeben. Andererseits möchte ich mir nicht ausmalen wie es ausgegangen wäre, wenn die freundliche Dame nicht im richtigen Moment auf unser Kind aufmerksam geworden wäre.
Eigentlich ist unsere Tochter noch nicht in der Lage einen Reißverschluss ohne weiteres zu öffnen. Deshalb untersuche ich mit detektivischem Spürsinn den Fall. Es scheint so, dass ich beim letzten Kontrollgang ins Zelt – wir sehen des Öfteren nach unseren Kinder, selbst wenn sie schon schlafen – den Reißverschluss über die Ecke geschlossen habe, aber eben nicht ganz. So konnte unsere Tochter, als sie wach wurde, ohne Mühe die Ecke des Innenzeltes greifen und so weit auseinander ziehen, dass sie locker hindurchschlüpfen konnte. Ab jetzt achten wir darauf, dass wir den Reißverschluss mittig schließen. Zusätzlich verhindert eine einfache Sicherheitsnadel an den beiden Reißverschlüssen ein unbefugtes Öffnen von Innen. Und wieder bewahrheitet es sich, dass man mit jeder Reise dazulernt.
Änderung der Reisepläne, weil das Wetter nicht mitspielt
Der fünfte Reisetag bringt leider nicht die so ersehnte Wetterbesserung. Regen, Sonne, Regen, Sonne, so geht es im fünf Minuten Rhythmus den ganzen Tag. Es ist nicht zum Aushalten! Am Nachmittag unternehmen wir trotzdem einen kleinen Strandspaziergang. In diesem Urlaub sind wir bestens ausgerüstet. Beide Kinder besitzen anständige Regenkleidung und – Gott sei Dank – Gummistiefel. Da es in der Größe unsere Tochter noch keine Schuhe gibt, haben wir die Regenhose zwei Nummern zu groß gekauft und knoten sie an den Beinen einfach zusammen. So kann auch sie ohne Probleme durch den Matsch robben. Irgendwie schafft es unser Sohn heute, dass seine Gummistiefel von innen pitschenass werden. Auch das noch, wir haben doch nur dieses eine Paar. Am Abend stehe ich eine Stunde am Handtrockner des Campingplatzes, und damit wäre eigentlich das Highlight des Tages erzählt.
Am Tag sechs unserer Holland-Odyssee fahren wir mit unserem Bus weiter Richtung Friesland. Hier im Nordosten von »Noordholland« gibt es nicht allzu viel zu sehen. Landwirtschaftlich genutzte Flächen, wohin man nur sieht. Lediglich der Abschlussdeich, der das Ijsselmeer von der Nordsee trennt, ist ein beeindruckendes Bauwerk.
Von Harlingen aus wollen wir jetzt endlich unsere Fahrradtour beginnen. Der Regen hat heute merklich nachgelassen und die Wetteraussichten für die nördlichen Küstengebiete versprechen für die nächsten Tage zumindest Trockenheit von oben.
Unser erster Gang in Harlingen ist zum Supermarkt, dann geht es schnell zum nächsten Campingplatz da einige von uns einen mächtigen Kohldampf haben. Mich überrascht, dass der Campingplatz hier im Norden weitaus günstiger ist, als die an der Westküste, aber keineswegs schlechter ausgestattet. Wir finden einen schönen Platz auf der riesigen Zeltwiese in der Nähe des Spielplatzes. Während unsere Kinder unbeschwert spielen, sitzen wir auf der Wiese und genießen einen Nachmittagskaffee. Was für ein Leben! Das Wetter ist heute um ein vielfaches besser als die letzten Tage. Immer öfter lugt die Sonne hinter den Wolken hervor. Die ungewohnte Wärme tut gut. Den verbleibenden Nachmittag verbringen wir damit uns die Stadt ein wenig näher anzusehen. Morgen wollen wir endlich an der friesischen Küste entlang Richtung Osten radeln.