Gastbeitrag von Volker Otter
Ein Vater erinnert sich:
Viereinhalb Monate Elternzeit in Neuseeland
Was mussten wir uns nicht alles anhören:
„Seid ihr denn verrückt mit dem Kleinen (noch nicht ganz ein Jahr alt) nach Neuseeland! Mit dem Großen (fünf Jahre) wird’s schon gehen. Aber wieso denn gerade so weit weg, wenn was passiert…. ? Und….und…und…. ??!!
Es gab aber auch andere Stimmen, die sagten:
„Wow, wie geil ist das denn. Ja, nutzt die Zeit! Neuseeland, da wollte ich auch schon lange mal hin!“
Wir auch! Elternzeit macht’s möglich, und so machten wir uns auf den Weg mit einem Baby und Kind für vier Monate nach Neuseeland zu reisen.
Wir feiern Silvester in der Luft. Der entzückende, schwule Stewart liebt unsere Kinder und versorgt sie tüchtig mit Extrasüßigkeiten. Wir sind stolz, vier Essenstabletts auf drei Sitzen zu organisieren. Unser kleiner Finn schläft im Hängebett, hat keinen eigenen Sitzplatz und sitzt ansonsten auf unserem Schoß. Auf dem Rückflug werden die Füße aus dem Bettchen an der Wand herausragen. Mit dem „großen“ Malte wird Fußball auf dem Gang gespielt, während alle anderen im Flugzeug entspannt tolle Videos anschauen und schlafen. Der Flug ist lange und immer wieder die nervigen Personenkontrollen. „Papa, ich will nicht mehr abgetastet werden….!“
Dann die ersten Nächte mit munteren Kindern todmüde in der Küche des ersten Hostels verbringen. „Traumhaft“. Aber irgendwann ist es geschafft und das Abenteuer kann beginnen. Ein neues Land, eine für die Kinder neue Sprache. Immer wieder sind die Kinder Türöffner. Zum Schluss feiert Malte sogar einen neuseeländischen Kindergeburtstag mit und Malte versteht so gut wie alles, auch wenn wir das was er spricht noch ins Englische übersetzen müssen.
So viele Abenteuer, die man in einem kurzen Bericht nicht aufzählen kann. Querfeldein zum Rangitata River beim Peel Forest, bis zu den Knien durch Flussläufe, wilde Bienenschwärme, Füße trocknen am Lagerfeuer, Schafsknochen in den Tussockgras-Steppen beim Lake Alexandrina werden zu Dinosaurierskeletten, Kajakfahren, wilde Strände, Finn wird ernsthaft krank und muss zum Arzt, regenerieren am Mt. Cook, Hüttenabenteuer auf dem Routeburn Track, Spaß im Gunn’s Camp beim Baden in der Kühltruhe mit einzigartigen Menschen und einem tollen kleinen Museum.
Regen, Sonne, Vulkane, mysteriöse Waldmenschen („Wo ist eigentlich der Papa geblieben?“), Höhlenabenteuer (wenn man woanders rauskommt, als man reingekommen ist), Kraxeleien über steile Leitern, heiße Quellen, warme Bäche, die sich in ein Bassin mitten im Wald ergießen, in denen wir uns stundenlang suhlen. Tolle Städte mit fabelhaften Museen in Wellington und Auckland. Wir treffen eine nette deutsche Familie und reisen gemeinsam. Wir treffen Einheimische, werden eingeladen und tauchen in den neuseeländischen Alltag ein.
Wir erfahren aber manchmal auch Ablehnung in Hostels (no kids!), aber nur, um so kreativer zu tollen Alternativen zu kommen, die herzlich und unvergessen bleiben. Und das Wichtigste: Wir werden immer gelassener: ein Tag in der Hängematte auf der Farm (The farm, unvergessliches Hostel!!!) mit anregenden Diskussionen beim gemeinsamen Abendessen, nach einer Jeeptour zum Schweinefüttern oder nach Motorradabenteuern (Malte findet die Bremse nicht, wird von Michael vom Bike gefischt, beschreibt einen Bogen in der Luft und landet in einem Kuhfladen. Zuerst gibt es Tränen vom Schreck, dann herzliches Lachen… ). Ein Tag am Strand und Tuffsteine schnitzen oder Hütten aus Treibholz bauen. Entspannt sein. Seelöwen beobachten, Wale und natürlich auch immer wieder die miesfiesen Sandfliegen, die wir aber nicht beobachten, sondern totklatschen.
Manchmal natürlich auch die Sehnsucht nach den Großeltern und Freunden. Aber das ist auch gut so und gehört genauso dazu, wie die Abenteuer und der Alltag. Irgendwann werden die Nächte kühl, das erste Herbstlaub zeigt sich. Der Sommer schleicht in einen sonnigen, aber kühlen, Frühherbst hinein und irgendwann fangen die Kinder an die Tage zu zählen und sich wieder auf zu Hause zu freuen.
Am Flughafen werden wir von Oma und Opa mit Ahler Wurscht (nordhessische Spezialität) herzlich in Empfang genommen. Der Kleine war nie zu klein für diese Reise, dieses Abenteuer! Er ist groß geworden, hat Laufen in Neuseeland gelernt. Der Große ist noch größer geworden, gerade richtig zur Einschulung und: Geschichten wurden geboren, jede Menge spannende, echte Familiengeschichten!
Vielen Dank für den tollen Beitrag. Könnt ihr mich noch aufklären, wie ihr vier Monate in NZ verbringen konntet? Ich dachte das Touristen Visum endet nach drei Monaten?
Hallo Andrea, lieber spät als nie. Du kannst für 3 Monate mit dem Visa Waiver Programm in NZ reisen, da Deutschland zu den Visa Waiver Countries gehört. Hier musst du dann ein NZeTA (New Zealand electric Travel Authority) beantragen. Ab drei Monate benötigst du ein Visitor Visa, mit dem du bis zu 9 Monaten im Land bleiben kannst. Diese Möglichkeit haben wir damals wahrgenommen. Ist alles auf dieser Seite zu beantragen:
https://www.immigration.govt.nz/new-zealand-visas/options/visit
Viele Grüße
Volker
Klingt spannend und schön geschrieben. Wenn man sich über alles zu-viele Gedanken machen würde, dann wird das Leben tatsächlich um einige Erfahrungen ärmer.
Hallo Isa,
vielen Dank für deinen Kommentar bei Reise-Kids. Da hast du vollkommen Recht, vielleicht ist das auch der Grund, warum wir so gerne unterwegs sind :).