Wandern mit Ultraleicht-Ausrüstung (UL Trekking) – ein Kompromiss oder warum ich mich dagegen entschieden habe

Als ich vor ca. zehn Jahren meine Liebe fürs Wandern und Streckenwandern entdeckt habe, machte ich mir noch recht wenig Gedanken über eine spezielle Ausrüstung dafür. Der Grund war simpel, ich besahs ja schon eine funktionierende Outdoorausrüstung, die ich regelmäßig auf unseren Radtouren nutzte. Mit der Zeit und jährlich wiederkehrenden kleinen, und später auch größeren, Touren wurde mir allerdings klar, dass ich meine Ausrüstung optimieren musste, denn sie war einfach zu voluminös und vor allem zu schwer. Heute weiß ich, dass eine Wanderausrüstung eine komplett andere sein muss, als die, welche man beim Radfahren dabeihaben kann. Darauf hätte ich sicher auch früher kommen können. (smile).

Wandern mit Kindern
Bei unserer ersten Wanderreise war UL für uns noch ein Fremdwort

Was ist der Unterschied zwischen Leichtwandern und Ultraleichtwandern?

Für all jene, die mit den Begriffen L-Wandern und UL-Wandern nichts anfangen können, hier einmal die Definition der beiden. Beim L-Wandern und UL-Wandern geht es in erster Linie um die Optimierung bzw. Gewichtsreduzierung der Basisausrüstung. Die Basisausrüstung besteht aus allem, was man bei einer Wanderung dabei hat, jedoch ohne die Verpflegung, bestehend aus Wasser und Nahrungsmitteln. Die am Körper getragene Kleidung zählt in der Regel auch zur Basisausrüstung. Es gibt zwar keine allgemeingültigen Gewichtsgrenzen nach denen man zwischen Leicht-Wandern und Ultraleicht-Wandern unterscheidet, aber in der Szene haben sich folgende Gewichtsgrenzen zur Abgrenzung der beiden Begrifflichkeiten etabliert. Als Leichtwandern bezeichnet man in der Regel ein Basisgewicht der Ausrüstung unter 10 Kilogramm bis zu 6 Kilogramm. Schafft man es sein Basisgewicht unter 6 Kilogramm zu reduzieren, spricht man vom Ultraleichtwandern.

Die Szene der Ultraleicht-Wanderer – verrückt oder genial?

Die seit Jahren immer größer werdende Outdoorgemeinschaft der Leichtgewichtwanderer hat ihren Ursprung in den USA, wo Langstreckenwanderer der großen US-Amerikanischen Trails ihre Ausrüstungs-Erfahrungen miteinander austauschten und auf den langen Strecken ihre Ausrüstung immer wieder optimierten. Bekannt geworden ist die Minimalisierung des Gewichts bei Wandertouren aber schon Anfang der 90er Jahre durch die Bücher des amerikanischen Bergführers und Kletterers Ray Jardine. Er ist sozusagen der Urvater des Ultraleichtwanderns.

Bei all den Tutorials, Videos und Erfahrungsberichten, die ich bisher über das UL-Trekking gesehen und gelesen habe, frage ich mich manchmal: sind diese Leute verrückt oder einfach nur genial? Denn, die Optimierung besteht nicht nur aus dem Weglassen von Ausrüstung. Mitnichten! Da rückt man mit der Schere dem Rucksack, Zelt, Schlafsack und Kleidung zu Leibe, es werden Zahnbürsten angebohrt oder gleich geköpft und der Inhalt von Zahnpastatuben in leichtere Plastiktüten gequetscht, Landkarten zerteilt, Töpfe angebohrt und so ziemlich alles für das Optimum massakriert, was sich nicht wehren kann. Manchmal hat mich der Erfindungsreichtum der ULer kopfschüttelnd zurückgelassen. Aber – und das muss man neidlos anerkennen – haben viele Tipps und Tricks ihre Berechtigung und sind durchdacht bis genial.

Ultraleichtwandern – der Hype und das Geschäftsmodell UL-Trekking

Mittlerweile hat sich aus meiner Sicht das Beschäftigen mit der Gewichtsreduzierung beim Wandern zu einem regelrechten Hype entwickelt, dem ich persönlich gespalten gegenüberstehe. Natürlich freue ich mich, dass mittlerweile auch europäische Hersteller von Outdoor-Ausrüstung den Trend zum Leichtwandern erkannt haben und entsprechend leichte Ausrüstung anbieten (was ja lange Zeit nicht der Fall war). Dennoch bin ich der Meinung, dass das Reduzieren und Optimieren irgendwann ein Maximum bzw. Minimum erreicht hat. Daneben versucht die Outdoorindustrie mit diesem Hype jede Menge Geld zu verdienen, indem sie fast jährlich noch leichtere Materialien entwickelt und immer wieder neue Produkte auf den Markt bringt, die man als eingefleischter Gewichtsreduzierungs-Fan natürlich braucht, auch wenn man schon ein ähnliches Produkt besitzt. Aus meiner Sicht hat jede Reduzierung oder Optimierung seine Tücken und geht in erster Linie zulasten der Qualität und des Komforts, oder beides. Ich möchte nicht in den Überbietungswettbewerb so mancher UL-Jünger einsteigen und habe mich persönlich gegen das extreme Reduzieren meiner Ausrüstung – wie es beim UL-Wandern praktiziert wird – entschieden.

Auf dem Milseburgweg

Warum meine Wanderausrüstung nicht ultraleicht ist – ein Statement

Es brauchte ein paar Wandertouren bis ich mich ernsthaft mit dem Thema „Mein Rucksackgewicht“ und somit Leicht-Wandern auseinandersetzte. Mittlerweile habe ich auch einen großen Teil meiner bzw. unserer (ich wandere immer mit meinem Mann zusammen) Ausrüstung ausgetauscht, damit wir leichter unterwegs sein können. Natürlich haben wir auch hier und da Ausrüstungsgegenstände weggelassen und z.B. durch leichtere Kleidung das Gewicht optimiert. Dabei konnte ich die Erfahrung machen, dass es nur zwei Möglichkeiten gibt mit denen man nennenswerte Gewichtseinsparungen erreicht. Die eine ist das radikale Reduzieren von Ausrüstungsgegenständen und das zweite ist, man konzentriert sich beim Einsparen auf die „Großen Vier“. Jeder ULer kennt selbstverständlich die vier großen Ausrüstungsgegenstände beim Wandern. Es sind der Rucksack, das Zelt, der Schlafsack und die Isomatte. Stellt man diese vier Ausrüstungsgegenstände auf UL, oder zumindest L, um, kann man enorm Gewicht einsparen. Alles andere ist meiner Meinung nach Nonsens, denn ob ich nun meine Zahnbürste absäge oder nicht, spart das kaum Gewicht ein. Ich weiß, Kleinvieh macht auch Mist, und viele ULer sehen das anders, aber mir ist es egal ob mein Rucksack am Ende 300 Gramm mehr wiegt oder nicht. Auch möchte ich als Wanderer nicht auf jeden Komfort verzichten, nur um ein paar Gramm einzusparen, und so habe ich beim Reduzieren der Ausrüstung ebenfalls Kompromisse zugunsten der Annehmlichkeit gemacht.

Bei der Reduktion bzw. Optimierung meiner Ausrüstung habe ich mich deshalb auf die 4 großen Gegenstände konzentriert, und diese nach und nach ausgetauscht. Damit konnte ich am Ende gut vier Kilogramm Gewicht einsparen und meine 4 großen Gegenstände auf jetzt 3.375 Kilogramm reduzieren. Durch das Weglassen von Kleidung und weiteren kleinen Einsparungen habe ich nun ein Basisgewicht (nicht Rucksackgewicht!) von 7 bis 10 Kilogramm erreicht (was natürlich von Tour zu Tour schwankt). Damit bin ich noch im Leichtwandern-Bereich und fühle mich ganz zufrieden damit. Für mich ist das Leichtwandern ein Kompromiss zwischen leichterem Unterwegssein und minimalsten Komfort, den ich für mich in Anspruch nehme.

Leicht unterwegs
Leicht – aber nicht ultraleicht – unterwegs, das ist mein Kompromiss

Über meine Ausrüstung als Ganzes, und welche Gegenstände ich ausgetauscht habe, darüber möchte ich noch einen gesonderten Artikel schreiben. Somit bleibt Wanderausrüstung und seine Optimierung noch für einige Zeit Thema bei wanderspuren.

Welche Möglichkeiten der Gewichtsreduzierung nutzt du? Bist du UL- oder L unterwegs? Wir freuen uns, wenn du deine Erfahrung mit uns teilst. 

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