Nun sind wir auf Faial gestrandet. Wieder müssen wir unsere Reiseplanung ein wenig ändern. Unser eigentliches Ziel, die Insel Pico, im Blick, verlassen wir am nächsten Morgen ziemlich geplättet das Schiff. Jetzt gehen wir erst einmal Frühstücken, was meine Stimmung erheblich verbessert.
Das »Peters Café Sport«
Das »Peters Café Sport« ist der Treffpunkt für Weltenbummler, Segler, Abenteurer, bunten Vögeln und immer mehr Touristen. Das Café existiert schon seit ewigen Zeiten und war schon immer, im Gegensatz zu den meisten Lokalen auf den Azoren, international. Das »Peters« war sozusagen die erste Touristeninformation auf den Azoren, da sich hier schon immer Reisende und Atlantiksegler trafen, um Informationen auszutauschen. Das Flair dieser Kneipe ist exotisch für die Azoren, und einen Besuch ist »Peters Café Sport« auf jeden Fall wert. Zu übersehen ist die Kneipe auch nicht. Kommt man vom Hafen, stößt man geradewegs darauf. In der nahegelegenen Touristeninformation bekommen wir dann schon wieder eine schlechte Nachricht. Einer der beiden offiziellen Campingplätze der Insel hat gestern seine Pforten geschlossen und der zweite wurde vor kurzem von einem Unwetter zerstört. So suchen wir uns heute wieder einmal ein teures Zimmer (der Duschen wegen) und werden am nächsten Morgen außerhalb der Stadt irgendwo wild campen.
Sehenswürdigkeiten in Horta und Umgebung
Den ganzen verbleibenden Tag verbringen wir damit die Stadt zu besichtigen. Horta ist eine hübsche Kleinstadt mit prachtvollen, alten Häusern. Sie besteht zum größten Teil aus Kolonialbauten und zählt aus diesem Grund zu einer der schönsten Städte der Azoren. In der Geschichte der Azoren nimmt Horta, neben der Stadt Angra do Heroismo auf der Insel Terceira, eine besondere Stellung ein. Mit dem Beginn der transatlantischen Flüge wurde Horta zu einer Zwischen-station zwischen den beiden Welten. Daneben besitzt die Stadt den bekanntesten und wohl wichtigsten Jachthafen der Azoren, den »Marina da Horta«. Hier gehen fast alle Atlantiksegler vor Anker. Er verleiht der Insel und der Stadt ein internationales Flair.
Die Hafenmauer aus grauem Beton ist über und über mit Bildern bedeckt. Irgendwann begann ein Segler die triste Betonmole zu bemalen und viele danach taten es ihm gleich. Heute ist der Jachthafen ein Mosaik aus Gemälden von Seglern aller Herrenländer, die hier geankert haben. Mittlerweile entwickelte sich das Verewigen auf der Jachtmauer zu einem Ritus. Wer es nicht tut, so heißt es, wird im Hafen von Horta niemals wieder anlegen.
In und um Horta gibt es vieles zu sehen und wir verbringen den Tag abwechselnd mit besichtigen und Galao trinken. Am Abend gehen wir früh zu Bett.
Am nächsten Morgen werde ich von dröhnenden Motorengeräuschen geweckt. Unser Zimmer liegt zur Hauptverkehrsstraße. Beim Blick aus dem Fenster macht sich Ernüchterung breit. Es regnet. Ausgerechnet heute, wo wir uns die Caldeira ansehen wollen. Und als wenn das noch nicht genug wäre, habe ich fürchterliche Halsschmerzen. In einem nahegelegenen Café frühstücken wir erst einmal und beraten uns. Nach einer heißen Tasse Tee geht es mir ein wenig besser und die Sonne schaut auch wieder hinter den Wolken hervor. In der Touristeninformation erhalten wir die Auskunft, dass die Umrundung der Caldeira seit dem verheerenden Erdbeben vor drei Jahren nicht mehr möglich ist. Der Weg dorthin existiert jedoch noch, und ansehen kann man sie sich auf jeden Fall. Am frühen Mittag radeln wir Richtung Inselmitte los. Von der Ortschaft Flamengos sind es noch zehn Kilometer zur Caldeira. Auf dem Weg fallen uns sofort die vielen zerstörten Häuser auf. In der Ortschaft Flamengos ist jedes zweite Haus beschädigt und viele müssen abgerissen werden. An allen Ecken des Dorfes wird kräftig wieder aufgebaut. Die Dörfer an der Ostküste Salao und Ribeirinha sollen damals vollständig zerstört worden sein. Es macht uns demütig zu sehen, wie die Menschen hier, ja fast schon stoisch, den Naturgewalten trotzen und dennoch nirgendwo anders auf der Welt leben wollen. Die Azoren sind ein geologisches und geografisches Pulverfass. Erdbeben und schwere Stürme sind hier keine seltene Erscheinung.
Ausflug zum Vulkankrater
Wir biken seit Horta stets bergauf. Die Ortschaft Flamengos will und will kein Ende nehmen. Die Häuser liegen weit verstreut am Berghang. Mir geht es gesundheitlich immer schlechter und Kraft habe ich auch keine mehr. Also beschließen wir unsere Räder hier zurück zu lassen und auf eine Mitfahrgelegenheit zu warten. Lange müssen wir bergan laufen, bevor ein alter Lastwagen anhält der uns mitnimmt. Das Wetter ist auch wieder schlechter geworden. Dicke Nebelschwaden hängen über dem Berg, in die wir geradewegs hineinfahren. Der nette Fahrer nimmt uns bis zu einer Grube mit, auf der er Erdreich abladen muss. Er meint, dass es bis zur Caldeira nicht mehr weit ist, wir bei diesem Wetter aber aufpassen sollen. Eigentlich lohnt ein Besuch der Caldeira gar nicht, da der Nebel immer dichter wird und man keine fünfzig Meter weit mehr sehen kann. Trotzdem stapfen wir (ebenfalls stoisch) weiter. Es ist kalt und feucht geworden. Hier oben bläst ein eisiger Wind. Dennoch ist die Umgebung faszinierend schön. Überall dicht bewachsene Bäume, ausladende Büsche und vereinzelt Farne kann man durch den dichten Nebel erkennen. Am Ende der Straße erleben wir dann eine böse Überraschung. Der Tunnel zum Innern der Caldeira ist gesperrt. Zu allem Überfluss fängt es plötzlich auch noch fürchterlich an zu regnen. Wir laufen den Weg ein paar Meter zurück und stellen uns unter die imposanten Wacholderbüsche, die den Regen wenigstens ein bisschen abhalten. Das war es dann wohl! Ein einsamer Wagen steht auf dem Parkplatz vor der Caldeira. Ein Tourist oder ein Einheimischer? Eine potentielle Mitfahrgelegenheit, schießt es mir durch den Kopf. Doch weit und breit ist niemand zu sehen. Wir entschließen uns schweren Herzens zurückzulaufen, denn wenn wir uns in den nassen Kleidern nicht bewegen, werden wir schneller krank als uns lieb ist. Nach wenigen Metern holt uns der Wagen plötzlich ein. Wir winken dem Fahrer anzuhalten und fragen, ob er uns bis nach Flamengos mitnehmen kann. Kann er. Er ist auch Tourist und wollte sich ebenfalls die Caldeira ansehen, doch bei diesem Wetter ist das kein Vergnügen. Der nette Engländer ist alleine auf den Azoren unterwegs. Er hat schon viele Inseln gesehen und legt uns unser nächstes Ziel, die Insel Pico, ans Herz. Diese sei die schönste Insel der Azoren.