Fahrradtour mit Kleinkindern auf der schwedischen Insel Öland

Schweden ist weit weniger bekannt unter radelnden Familien wie beispielsweise das skandinavische Radlerparadies Dänemark. Auch findet man in Schweden deutlich weniger gänzlich autofreie Radwege als im Land des Dannebrog. Dennoch ist Schweden ein wunderbares Reiseland auch für radelnde Familien. Der Verkehr ist niedrig und die Autofahrer sehr entspannt und zuvorkommend. Flaches Radelterrain findet man vor allem auf den schwedischen Inseln vor. Wir haben dies getestet und die wirklich flache Insel Öland mit unseren beiden Kindern (2 und 4 Jahre) erkundet. Infos über den Ölandsleden (mit käuflichem Kartenmaterial) findet ihr auf der Seite swedenbybike.com in schwedischer Sprache.

Öland-Impressionen

Ausgeschilderte Radwege auf ÖlandGegen Ende der ersten Etappe unserer Langzeitreise unternehmen wir mit unseren Kindern (2 und 4 Jahre alt) noch eine letzte kleine Fahrradtour auf der schwedischen Insel Öland. Eigentlich könnte man sagen, wagen wir eine Fahrradtour, da das Wetter in den letzten Wochen einen immer stärker werdenden, schwedischen Charakter angenommen hat. Die Tage in Südschweden werden ab Mitte August nicht nur merklich kürzer, sondern auch wesentlich kühler und feuchter. So manche kräftige Dusche mussten wir in den letzten Tagen über uns ergehen lassen, weshalb wir ein wenig verunsichert ob unseres Vorhabens geworden sind. Unser Optimismus jedoch bekommt täglich  neue Nahrung in den wenigen Stunden des Tages, wenn die Wolkenberge spärlich aufreißen und die Sonne uns fast schüchtern ihre wohltuenden Strahlen schenkt. Weitere Argumente, die für die Tour sprechen, sind unsere gute Ausrüstung und das Wissen, dass wir jederzeit abbrechen können und unseren sicheren Hafen (den Kleinbus) schnell erreichen können.

Schotterstrecken auf ÖlandAm Tag der Ankunft in Kalmar quälen uns jedoch wieder Zweifel, da wir erst jetzt erfahren, dass es verboten ist mit den Fahrrädern die Ölandbrücke, welche die Insel Öland mit dem Festland verbindet, zu befahren. Zu allem Überfluss öffnet in diesem Moment auch noch der Himmel seine Schleusen und wir sitzen ein wenig betrübt im Auto und denken über das weitere Vorgehen nach. Die Kinder dagegen spielen vergnügt mit ihren Kuscheltieren und hören begeistert ihre CD mit Kinderliedern und von Regentropfen, die an ihr Fenster klopfen. Um nicht weiter in Trübsal zu ertrinken, beschließen wir das Auto mit auf die Insel zu nehmen und vom nächsten Campingplatz aus unsere Tour zu starten. Gesagt, getan, wir steuern den nächstgelegenen Platz an und fragen freundlich an, ob wir das Auto für ein paar Tage stehen lassen dürften. Natürlich dürfen wir – das ist hier – wie fast überall in Schweden – kein Problem. Da der Tag schon weit fortgeschritten ist, starten wir erst am nächsten Morgen, der – oh Wunder – mit Sonnenschein beginnt.

Für weite Strände ist Öland bekanntDie sonnenreiche und milde Ostseeinsel Öland ist berühmt für ihre ausladenden Strände und bekannt für ein niederschlagarmes Wetter. Man kann sie als radelnde Familie mit kleinen Kindern gemütlich in einer Woche umrunden. Mit ihrer Ausdehnung von 140 Kilometer in der Länge und gerade mal 16 Kilometer Maximalbreite ist Öland zwar (nach Gotland) die zweitgrößte Insel Schwedens, aber gleichzeitig auch die kleinste Provinz des Landes. Und diese hat, für  Genussradler wie wir es sind (man könnte aber auch faul sagen!) einen entscheidenden Vorteil: Die Insel ist wirklich brettflach. Die höchste Erhebung des Eilandes liegt bei gerade einmal knapp 60 Meter über Meereshöhe. Die größeren Ortschaften Ölands liegen alle an der wind- und wettergeschützten Westküste, am Kalmarsund. Die hier gut ausgebaute Landstraße 136 verbindet durchgängig den Norden mit dem Süden der Insel. Wir starten unsere Tour in Richtung Norden, auf die immer schlanker werdende Nordspitze des Landes zu. Dem freundlichen Wetter dieses Morgens verdanken wir eine allgemein gute Laune. Auch die Kinder scheinen sich auf die bevorstehende Fahrradtour zu freuen und geben dies Radstrecke im Norden Ölandsmit ihren ganz persönlichen Eigenschaften kund. Unser Großer (4 Jahre alt) erzählt, auf seinem Thron zappelnd, seinem Vater interessante Erkenntnisse aus seinem noch jungen Dasein und seine kleine Schwester (2 Jahre) arbeitet in ihrem Reiseanhänger sehr intensiv an einer Pediküre. Jedenfalls erforscht sie ausgiebig die Geschmacksintensität ihres linken Fußes, der – wie ich als eigentlich treusorgende Mutter mit Schmach zugeben muss – seit mehr als vier Tagen kein Wasser mehr gesehen hat. So radeln wir gemütlich – jeder auf seine Weise beschäftigt – auf der gut ausgebauten Hauptstraße gen Norden.

Radeln mit MeerblickIn der Nähe der größten Stadt Ölands, Borgholm, statten wir dem Sommerwohnsitz der schwedischen Königsfamilie, Schloss Solliden, einen kurzen Besuch ab. Das Schloss selbst kann zwar nicht besichtigt werden, dennoch lohnt ein Besuch wegen der schönen Gartenanlage, die in den Sommermonaten für Touristen geöffnet ist. Eine weitere kleine Sehenswürdigkeit in der Nachbarschaft zu Schloss Solliden ist die Schlossruine Borgholm.

 Der erste Radeltag geht für uns viel zu schnell vorüber. Mit den ausgiebigen Besichtigungen und vielen Pausen haben wir es auf eine Tagesleistung von gerade einmal 35 Kilometern gebracht. Dennoch stört das keinen von uns, da wir ja alle auf Reisen sind und nicht auf der Flucht.

Feuchtgebiet auf ÖlandAm Abend erleben wir noch ein knackiges Sommergewitter. Es kommt genau in dem Moment runter, als ich frisch geduscht den Waschraum verlassen möchte – natürlich ohne meine Regenjacke dabei zu haben. Da hätte ich mir doch glatt das Geld für die Dusche sparen können, was mich zur nächsten Überleitung führt: den Feuchtgebieten.

Öland ist mit zahlreichen Feuchtgebieten gesegnet, die über die gesamte Insel verstreut liegen. Leider wurde auch hier  – wie wohl überall auf der Welt – in der Vergangenheit vom Menschen Fehler gemacht, indem man versuchte, diese Gebiete für eine gewinnbringende Landwirtschaft trockenzulegen, mit zum Teil erheblichen Folgen für die Ökologie und den Wasserhaushalt der Insel. Der erhoffte Nutzen für die Landwirtschaft blieb aus, dafür sank der Grundwasserspiegel der Insel dramatisch. Heute versucht man die Fehler der Vergangenheit wieder auszubügeln mit der Renaturierung von Feuchtgebieten.

Der Leuchtturm Lange ErikAuf der vorgelagerten Insel Stora Grundet steht der weiße Leuchtturm „Lange Erik“, eines der beiden Wahrzeichen Ölands. Der aus Kalkstein erbaute 32 Meter hohe Turm ist in den Sommermonaten für Touristen geöffnet und bietet dem Besucher einen schönen Rundumblick über die Nordspitze Ölands.

Nach drei gemütlichen Radeltagen und 95 Kilometern erreichen wir den nördlichsten Punkt der Insel Öland. Allen kritischen Wettervorhersagen und Bedenken zum Trotz hat das Wetter uns in dieser Zeit nicht enttäuscht. Die wenigen Regengüsse überfielen die Insel in der Nacht, während wir in unserem Zelt gemütlich zusammengekuschelt schliefen.

Weitere sehenswerte Naturschönheiten Ölands lassen wir uns natürlich nicht entgehen. So pausieren wir am eigentlich vierten Radeltag und besuchen das Naturreservat „Trollskogen“ (Zauberwald) im Ökopark Böda, im Im Zauberwald TrollskogenNordosten Ölands. Der Name „Trollskogen“ (Zauberwald) verdankt das Gebiet seinen sehr alten und zumeist krumm gewachsenen Bäumen. Durch die Nähe zur Ostsee sorgt der oft starke Wind für den ungewöhnlichen Wuchs der in ungeschützter Lage stehenden Bäume. Diese von der Natur stark modellierten, und zum Teil mit wucherndem Efeu bedeckten, Kiefern geben ein äußerst bizarres Bild ab, was einem märchenhaften und urwüchsigen Zauberwald sehr Nahe kommt. Neben den dominierenden Nadelwäldern des Trollskogen kann man auch einzelne uralte Eichen bewundern, wie die besonders alte und verwachsene Eiche „Trolleken“ (Zaubereiche). Sie ist eine der ältesten Eichen Ölands. Fast kunstvoll verbogene Eichen

Weiterhin beherbergt der Trollskogen alte Grabhügel und Steinsetzungen prähistorischer Grabanlagen. An der Ostseeküste liegt das Wrack eines Segelschiffes, das vor knapp hundert Jahren auf Öland strandete.

Der Regen hat sich auch an diesem Tag zurückgehalten. Nach unserer knapp fünf Kilometer langen Wanderung durch den Zauberwald, mit zahlreichen abenteuerlichen Märchengeschichten im Kopf, schlafen unsere beiden Trolle am Abend sehr schnell ein.

Am nächsten Morgen wendet sich das Wetterblatt endgültig. Im leichten Nieselregen bringen wir die Nordostküste Ölands recht schnell hinter uns. Glücklicherweise führt der ausgewiesene Radweg wieder einmal durch dicht bewachsene Märchenwälder, sodass uns der immer stärker werdende Regen kaum erreicht. Als wir am Abend am Campingplatz ankommen, hat er sich jedoch schon wieder verzogen. Mit einem kleinen Spaziergang entlang der einsamen Ostküste Ölands verabschieden wir den Tag, und hoffen, dass uns der schwedische Wettertroll für die nächsten Tage schönes Wetter sendet.

Einsamer Ostseestrand auf Öland

Mehr von unserer Langzeitreise und Schweden erfahrt ihr im Reisehandbuch „Mit Kindern die Welt entdecken„.

hier geht es zum zweiten Teil der Radtour →

← zurück zur Übersicht Schweden

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Nach oben scrollen