Die Anreise auf die Azoreninseln gestaltet etwas schwierig. Zum einen ist die Fluggesellschaft, die die Inselgruppe bedient, so klein und unbedeutend, dass sie keinen eigenen Flugschalter besitzt, und zum anderen gibt es wohl sehr wenige Touristen, die Fahrräder mit auf die Inseln im Atlantik nehmen. Dementsprechend lange dauert die Prozedur des Eincheckens. Aber schließlich hat alles ein Ende und wir befinden uns auf dem Weg Richtung westliches Ende Europas (von Grönland einmal abgesehen).
Ankunft in der Hauptstadt Ponta Delgada
Nach ca. 4 Stunden erreicht der Flieger die Hauptinsel der Azoren Sao Miguel. Der Flughafen liegt unweit der Hauptstadt Ponta Delgada. Sie ist die bevölkerungsreichste und größte Stadt der gesamten Azoren. Vom Flughafen aus erreicht man das Stadtzentrum nach drei bis vier Kilometern. Auf uns wirkt Ponta Delgada wie eine provinzielle, aber durchaus nette, Kleinstadt. Für die Bevölkerung der Azoren dagegen ist sie ein wichtiges Handelszentrum und die einzige Stadt, die ein gewisses städtisches Flair genießt. Junge Menschen treffen sich, um an der Uferpromenade entlang zu flanieren, gehen ins Kino oder in die Disco, bevölkern die Cafés der Stadt, oder rasen mit ihren Autos über die Ufermeile, um von anderen bestaunt zu werden.
Wir fahren über ausbesserungsbedürftige Vorstadtstraßen in die City, die sich hauptsächlich an der Uferpromenade entlang ausdehnt. Heute ist Sonntag und viele öffentliche Einrichtungen haben geschlossen. Lange müssen wir nach einem Bankautomaten suchen (zum Zeitpunkt der Reise gab es noch keinen Euro). Als wir endlich liquide sind, suchen wir nach einer preisgünstigen Unterkunft. Unser Reiseführer ist uns dabei eine große Hilfe. Leider gestaltet sich das als schwierig, und es wird nicht das letzte Mal sein, dass wir nach einer günstigen Unterkunft sehr lange suchen müssen, weil es eben auf den Azoren keine preisgünstigen Übernachtungsstätten gibt.
Den darauffolgenden Tag lassen wir sehr gemächlich angehen, was sich im Nachhinein als Fehler herausstellt. Als erstes suchen wir die Touristeninformation auf, um uns nach den Schiffsverbindungen zu den einzelnen Inseln zu erkundigen. Unsere Reiseplanung sieht vor erst die anderen Inseln zu besuchen und die letzten Tage auf Sao Miguel zu verbringen. Leider wird aus unserer Planung nichts. Heute Morgen verließ die Fähre Richtung Terceira den Hafen. Die nächste geht erst wieder in einer Woche. Nur nach Santa Maria verkehren täglich Fähren. Flüge zu fast allen Azoreninseln dagegen gibt es täglich, schließen sich aber aufgrund der überteuerten Fahrradmitnahmegebühren aus. Kurzfristige Kursänderungen bringen uns jedoch nicht aus dem Konzept (es ist ja nicht unsere erste Reise). So werden wir zunächst eine Woche auf Sao Miguel bleiben. Es ist die größte Insel der Azoren, auf der es am meisten zu sehen gibt. Nach zwei Galaos (portugiesische Bezeichnung für Milchkaffee) radeln wir gegen Mittag gemächlich Richtung Ostküste los.
Die Ostküste von Sao Miguel bis Furnas
In den Vororten von Ponta Delgada wechseln sich Villensiedlungen und eher schlichte Häuserzeilen ab. Auch wenn viele Orte auf den ersten Blick vernachlässigt wirken, so hat man nie das Gefühl, als gäbe es bittere Armut auf den Inseln. Verfallene Häuserfassaden zwischen nett angelegten Parks mit Palmen und immer wieder herrlichen Hortensienhecken wirken auf uns südländisch, aber keineswegs ärmlich. Wir radeln bei herrlichstem Wetter mit Sonnenschein und angenehm milden Temperaturen. Wo in den Vororten noch ein reger Autoverkehr herrscht, so wird dieser an der Südostküste der Insel immer dünner. Die Straßen sind gewöhnungsbedürftig. Der Asphalt rau, rissig und an vielen Stellen ausgebessert. Die Strecke ist bis Villa Franca do Campo nur leicht hügelig und geht hinter der Ortschaft über einen Bergsattel. Dieser Berg ist zwar nicht hoch, aber dennoch so anstrengend für mich, dass ich absteigen und schieben muss. Es wird schon Abend und wir halten Ausschau nach einem Nachtlager. Bis zur nächsten Ortschaft Furnas werden wir es wohl heute nicht mehr schaffen. Wir finden einen passablen Übernachtungsplatz kurz vor der Bergspitze. Es wird eine herrlich ruhige Nacht inmitten der Natur.