Der Schneewittchenweg – ein märchenhafter Wanderweg im Spessart

„Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land….. ?“

Diese wohl bekannteste Frage aus dem Märchen Schneewittchen der Brüder Grimm kennen sicherlich alle Eltern, sowohl aus ihrer eigenen Kindheit als auch aus den Gute-Nacht-Erzählstunden für ihre Kinder.

Die Wegmarkierung des Schneewittchenweg

Die Geschichte um die schöne Prinzessin ist eines der beliebtesten Märchen der berühmten Geschichtenerzähler, die Brüder Grimm, und ist über die deutschen Grenzen hinaus weltbekannt.

Den Märchen, Fabeln und Erzählungen der Brüder Grimm aus dem hessischen Spessart lagen zumeist reale Ereignisse zugrunde, welche die Brüder zu ihren fantastischen Geschichten inspirierten. So auch bei ihrem populärsten Märchen, die Erzählung über das schöne Schneewittchen.

Zahlreiche Städte und Landkreise in Deutschland nehmen für sich in Anspruch als Vorlage für das Märchen der schönen Prinzessin und ihrer bösen Stiefmutter gedient zu haben, doch zweifelsfrei nachweisen lässt sich das für keine der Regionen. Bei den Nachforschungen zum Ursprung des Märchens Schneewittchen sticht jedoch eine Region heraus, bei der frappierende Übereinstimmungen zur Geschichte vorhanden sind, und das ist der Spessartwald im südlichen Hessen und nördlichen Bayern gelegen.

Lebte das schöne Schneewittchen im Spessart?

Was mehr als Spaß eines Hobby-Fabulogen in den 80er Jahren begann, entwickelte sich mit der Zeit zu ernsthaften, wissenschaftlichen Nachforschungen und schließlich zu einem raffinierten Tourismuskonzept der Stadt Lohr am Main, der Stadt, in der die schöne Königstochter gelebt haben soll.

Das Leben der 1725 in Lohr am Main geborenen Maria Sophia Margaretha Catharina von Erthal könnte den Brüdern Grimm durchaus als Vorlage zu ihrem berühmten Märchen Schneewittchen gedient haben. Die junge Adelige lebte etwa zur gleichen Zeit wie die Brüder Grimm, und das nicht einmal 50 Kilometer vom Geburts- und Wirkungsort der Geschichtenerzähler entfernt. Die erste Niederschrift des Märchens Schneewittchen der Brüder Grimm erschien kurz nach dem Tod von Maria Sophia Margaretha Catharina von Erthal.

Ein Spiegel vor dem Tourismusbüro in Lohr

Bei dem schönen Mädchen handelte es sich jedoch keineswegs um eine Prinzessin, doch der Stand ihres Vaters, einem kurmainzischen Amtmann zu Lohr, der mit Kaisern und Königen verkehrte, ließ die Familie auf das einfache Volk wie eine königliche Familie wirken. Daneben gibt es noch weitere erstaunliche Analogien zum Märchen Schneewittchen. Maria Sophia Margaretha Catharina von Erthal wurde in einem Schloss geboren. Ihre leibliche Mutter starb sehr früh und der Vater heiratete erneut. Aus geschichtlichen Quellen ist zu entnehmen, dass diese zweite Frau herrschsüchtig gewesen sein soll. Wie im Märchen Schneewittchen war der Vater von Maria Sophia häufig geschäftlich unterwegs und das Kind wurde von der Stiefmutter groß gezogen. Zu dieser Zeit beherbergte die Stadt Lohr eine Spiegelmanufaktur, über die der Vater von Maria Sophia die Oberaufsicht zustand. Nachweislich schenkte der Amtmann zu Lohr seiner zweiten Frau, der Stiefmutter von Maria Sophia, einen besonderen Spiegel mit einer bedeutsamen Inschrift. Dieser verkörperte im Märchen wohl den sprechenden Spiegel. Des Weiteren besaß die Stadt Lohr am Main zur damaligen Zeit Glasproduktionsstätten, die es übrigens noch heute gibt. Dies könnte ein Hinweis auf den gläsernen Sarg und die eisernen Pantoffeln sein.

Der Wald, in dem Schneewittchen ausgesetzt wurde, könnte durchaus der dichte Spessartwald gewesen sein. Denn wenn man von der Stadt Lohr aus über sieben Hügel des Spessarts läuft, gelangt man tatsächlich in eine Bergbauregion namens Bieber, in der zur damaligen Zeit vorwiegend kleinwüchsige Menschen und sogar Kinder in den Bergwerken zum Abbau von Erz und anderen Edelmetallen eingesetzt wurden. Alle diese Gegebenheiten zeigen schon erstaunliche Parallelen zum Märchen Schneewittchen und könnten den Geschichtenerzählern tatsächlich als Vorlage gedient haben. Zweifelsfrei bewiesen ist das zwar nicht, aber möglich ist das schon??!!

Der Schneewittchenweg ist ein Höhenweg durch den Spessart

Der Schneewittchenweg durch den Spessart – ein märchenhafter Wanderweg

Zumindest dient diese märchenhafte Geschichte der Stadt Lohr am Main als Vorlage für ihren märchenhaften Wanderweg durch den Spessart, dem Schneewittchenweg. Dieser Wanderweg führt auf 35 Kilometern durch den Spessartwald in das Bergbaugebiet Bieber bei Biebergemünd im hessischen Spessart und überquert dabei tatsächlich sieben Hügel. Der Wanderweg rekonstruiert den möglichen Fluchtweg Schneewittchens aus den Fängen ihrer bösen Stiefmutter.

Der Schneewittchenweg beginnt in der Stadt Lohr am Main am Schloss, in dem Schneewittchen, bzw. die schöne Maria Sophia Margaretha Catharina von Erthal gelebt hat. Im dortigen Museum kann man den „sprechenden Spiegel“ bewundern, den der Amtmann zu Erthal seiner zweiten Frau geschenkt haben soll.

Lohrer Schloss
Das Lohrer Schloss ist Startpunkt des Schneewittchenwegs

Vom Schlossplatz aus führt der Schneewittchenweg zunächst hinauf auf den Valentinusberg, auf dem eine kleine Kapelle aus dem siebtzehnten Jahrhundert steht. Von dort aus geht es stetig leicht bergan durch den Lohrer Wald bis kurz vor der Ortschaft Partenstein. Von der Höhe aus führt der Wanderweg hier sehr lange bergab ins Tal nach Partenstein. Dieser Abstieg ist der längste und anstrengendste des gesamten Wanderweges. In der Ortschaft führt der Schneewittchenweg wieder bergan, zunächst über den Burgberg, mit den Resten der Burg Bardenstein aus dem 13. Jahrhundert, und dann weiter über den Auberg bis zum Bergfeld von Frammersbach. In der Ortschaft Frammersbach könnte man bei einer zweitägigen Tour gut übernachten (Möglichkeiten sind zahlreich vorhanden), da man bis hierher etwa die Hälfte des Weges zurückgelegt hat. Der Schneewittchenweg allerdings führt nicht ins Tal, sondern weiterhin über den Höhenzug des Spessarts entlang nach Norden.

Blick über den Spessart bei Frammersbach

Hinter Frammersbach passiert man eine weitere schöne Wald-Kapelle (Heilig Kreuz) und genießt hier immer wieder einen wunderschönen Blick ins Tal und den umliegenden Spessartwald. Über den historischen Höhenweg Wiesener Straße führt der Schneewittchenweg weiter nach Norden und überquert dabei weitere Hügel. An der Waldhütte Weidmannsruh, die im 18. Jahrhundert erbaut wurde, sollte der Geschichte nach Schneewittchen vom Jäger getötet werden. Hier verlief die historische Grenze zwischen dem Königreich Bayern und dem Königreich Preußen. Der Jäger jedoch hatte Mitleid mit dem armen Kind und ließ Schneewittchen über die Grenze fliehen.

Der Schneewittchenweg auf dem Wiesener Höhenweg
Der Schneewittchenweg eignet sich mit seinen breiten Wegen auch sehr gut fürs Radeln

Am Wiesbüttsee hat man sechs von den sieben Hügeln bis zum Ziel in Bieber überquert. Der Wiesbüttsee im Wiesbütter Moor wurde im siebzehnten Jahrhundert zur Belüftung und Entwässerung der Bergwerksstollen im Lochborntalgrund angelegt. Die Bieberer Bergwerke wurden bereits 1494 erstmalig erwähnt und erlebten im 18. Jahrhundert eine Blütezeit. Über den Lochborner Bach steigt der Schneewittchenweg ein letztes Mal hinauf zur St. Mauritius-Kapelle auf dem Burgberg an. Von dort sind es nur noch ca. 2 Kilometer bergab bis nach Bieber, dem Ziel der Wanderung und des Schneewittchenwegs.

„Zwergen“-Hütte bei Bieber – haben hier die sieben Zwerge gewohnt?

Fazit des Schneewittchenwegs im Spessart

Der Schneewittchenweg ist wirklich ein zauberhafter Wanderweg durch den märchenhaften Spessart. In den verwunschenen Wäldern des Spessartwaldes ist es sehr leicht sich die Märchengeschichten der Brüder Grimm verbildlichen zu können. Man trifft auf dem Wanderweg auf zahlreiche Orte und Zeugnisse, die von der Flucht Schneewittchens berichten. Den Wanderweg von circa 35 Kilometern kann man mit Kindern bequem in zwei Tagesetappen laufen. Für geübte Wanderer ist er sogar an einem langen Wandertag zu bewältigen. Die Wegmarkierung ist durchgängig vorhanden und zeigt das Schneewittchen mit den sieben Zwergen vor dem Lohrer Schloss.

Wir persönlich finden, dass der Schneewittchenweg kulturell wie landschaftlich einer der schönsten Wanderwege des Spessarts ist – einfach märchenhaft.

Das Ziel – Bieber im hessischen Spessart
Der Schneewittchenweg – einer der schönsten Wege durch den Spessart

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4 Kommentare zu „Der Schneewittchenweg – ein märchenhafter Wanderweg im Spessart“

  1. Der Schneewittchen Wanderweg der Stadt Lohr ist falsch.
    Er geht nicht über die 7 Berge die Karl Heinz Bartels in seinen Büchern aufgelistet hat.
    Hammersbuch (511 m), Steckenlaubshöhe (542 m), Pfirschhöhe (502 m), Gaulskopf (519 m), Eichenberg (544 m), Erkelshöhe (517 m), Hirschberg (535 m)“.

    1. Danke, lieber Klaus, für deine Auflistung und messerscharfe Analyse zum Thema Geschichtskunde. Wie schon in meinem Beitrag erwähnt, ist meine kurze Zusammenfassung der Parallelen zum Märchen zusammengetragene Geschichtsschnipsel, die keineswegs unangreifbare Tatsachen sind, die aber die Stadt Lohr natürlich zu einem genialen Konzept für den Fremdenverkehr genutzt hat. Und warum auch nicht, ist es doch ein wunderschöner Wanderweg, welcher der Fantasie viel Raum gibt? Ob dies nun alles fundierte Tatsachen der geschichtlichen Ereignisse abbildet, ist aus meiner Sicht zweitrangig. Märchen sollen die Fantasie beflügeln und verzaubern, und beides ist auf dem Schneewittchenweg möglich. 😉
      LG Christine

  2. Im Rahmen meiner Urlaube im Kahlgrund/ Spessart habe auch ich den Schneewittchenweg lieben und schätzen gelernt. Bis auf einen Kilometer auf der bay.-hess. Landesgrenze oberhalb Wiesen bin ich diesen märchenhaften Wanderweg streckenweise gewandert.

    Natürlich schaffen die ganze Strecke von Lohr nach Bieber nur die allerwenigsten Menschen an einem Tag. Am letzten Tag unseres letzten Urlaubes (29. Juli 2022) bin ich noch das letzte Stück, welches mir noch fehlte, gegangen, nämlich den Beginn des Schneewittchenwegs von Lohr am Main bis Partenstein. Dieses Stück ist anstrengend wg. des langen Anstiegs und das schwächste Stück des Wegs. Denn diese Strecke bietet einfach nicht den Zauber, den der Weg erst ab Partenstein dem Wanderer offenbart. Insbes. zu bemängeln ist, dass diese Etappe über mehrere Kilometer keine Sitzbank aufweist für eine Rast mit Vesperpause und die lange „Schotterpiste“ im Aufstieg.

    Der Schneewittchenweg ist gastronomisch nicht gut versorgt. Denn die Fußballhütte und Skihütte über Frammersbach haben nur sehr eingeschränkt geöffnet. Zudem hat die Gaststätte Wiesbüttsee seit Oktober 2019 geschlossen. Die neue Imbiss-Station dort ist zu begrüßen, hat aber auch nur bei gutem Wetter von 11 – 18 Uhr – dienstags ist Ruhetag! – geöffnet. Sehr zu begrüßen ist, dass es im Zentrum von Partenstein und Bieber einen Supermarkt gibt.

    Dem Wanderer sei deshalb dringlichst empfohlen, ausreichend Flüssigkeit mitzunehmen (mind. 1 l). Meine nächste Wanderung auf diesem Weg wird wohl in einer Etappe von Partenstein nach Bieber gehen. Denn das ist wohl am vernünftigsten an einem Tag zu schaffen, zumal der 1. Teil des Weges von Lohr nach Partenstein fad ist.

    Mit freundlichen Grüßen

    André Kehle, Lindenberg (Allgäu)
    31. Juli 2022

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