Von analogen Reiseberichten anderer Reiseblogger inspiriert, möchte ich euch heute mitnehmen auf eine kleine Reise in die Vergangenheit – einer Zeit, in der die digitale Fotografie noch nicht mit uns auf Reisen ging.
Wenn ein Reisejunkie den Wunsch verspürt Nachwuchs zu bekommen, stellt er sich schon vorher die Frage: Wie kann ich meine Reiselust und die Art zu Reisen, mit Kindern in Einklang bringen? Mit der Beantwortung dieser Frage wollte ich jedoch nicht bis zum Eintreffen der Kinder warten, sondern versuchte sie mir schon in meiner ersten Schwangerschaft zu beantworten, woraus unsere erste Reise „mit Kind“ wurde.
Wie kommt man auf die Idee in der Schwangerschaft eine Fahrradtour zu unternehmen?
„Du bist wahnsinnig!“, kommentierte meine Mutter unsere Idee, Anfang des sechsten Monats meiner Schwangerschaft eine Fahrradtour auf den Azoren zu unternehmen. Sie wusste ja nicht, dass wir eigentlich geplant hatten im peruanischen Dschungel Machu Picchu zu erkunden. Diese haarsträubende Idee war meinem Frauenarzt dann doch etwas zu gewagt, was aber nicht am Reiseziel generell lag, sondern an der luftigen, sauerstoffarmen Höhe, die er für meinen Zustand nicht gerade optimal fand. Schweren Herzens folgte ich seinem klugen Ratschlag und suchte ein anderes Ziel für unsere Reise. Wie wir dann letztendlich auf die Azoren als Reiseziel kamen, weiß ich heute leider nicht mehr. Dass wir allerdings einen Wellnessurlaub machen sollten, wie meine besorgte Mutter vorschlug, das kam für jemanden wie mich, der Hummeln im Hintern hat, nicht infrage. So beschlossen wir unser liebstes Transportmittel mit auf die portugiesischen Inseln zu nehmen: unsere Fahrräder.
Gesagt getan! Ein bisschen recherchieren über Krankenhäuser oder Gesundheitszentren auf den Inseln im Atlantik und ein paar Kleinigkeiten einpacken und schon konnten wir erwartungsfroh starten. Glücklicherweise war mein Bauch zum Zeitpunkt des Fluges noch nicht wirklich verdächtig, was mir beim Einchecken unangenehme Fragen ersparte.
Auf dem Hinflug trafen wir eine junge Familie, die mit ihrem vier Monate alten Baby reisten. Wir fühlten uns gleich verbunden und unterhielten uns angeregt über das Schwangersein und Kinderkriegen.
Als sportliche Herausforderung wollte ich diese Reise jedoch nicht verstanden wissen. Es war mir durchaus wichtig, die Risiken und Gefahren richtig einzuschätzen, aber auch ein gesundes Vertrauen in mich, meinen Körper und mein ungeborenes Kind zu haben.
So radelten wir gemächlich, immer nach dem schwächsten Fahrer ausgerichtet, über die Inseln, ohne eine bestimmte Tageskilometeranzahl bewältigen zu müssen.
Unser Gepäck hatten wir so stark minimiert, dass mein Freund im Notfall meine Packtaschen auf sein Rad umpacken konnte, ohne überladen zu sein.
Was wir bei der Planung leider unterschätzt hatten, waren die besonderen Straßenverhältnisse auf den Azoren. Auf allen Inseln, die wir besucht haben ist es hügelig, wie das für viele Inseln nichts Ungewöhnliches ist. In Zentraleuropa ist es allerdings so, dass das Gelände oft den Straßen angepasst wird, d.h. es wird versucht eine möglichst geringe Steigung der Strecke zu erreichen. Auf den Azoreninseln jedoch wird einer starken Steigung selten durch gemäßigte Serpentinen die Wucht genommen. Nein, eine Straße führte oft straight den Berg hinauf und ebenso straight wieder hinunter. Das bedeutete für mich, hinauf schieben und hinunter meist auch. So kamen wir in den ersten Tagen unserer Reise kaum mehr als zwanzig Kilometer pro Tag.
Ebenso hinderlich für mich war der oft rissige und löchrige Asphalt. Trotz EU-Subvensionen waren die meisten Straßen mit Löchern übersäht wie ein Schweizer Käse. Dieser Umstand wäre vielleicht in der Endphase meiner Schwangerschaft für eine rasche Geburt förderlich gewesen, im sechsten Monat allerdings nicht gerade angenehm für das Gemüt einer Schwangeren. So fuhr ich auf den schlimmsten Streckenabschnitten im Stehen oder stieg gleich ab.
Trotz meiner damals guten Grundkondition war ich über die oft fehlende Energie meinerseits überrascht. Nie hätte ich gedacht, dass so ein kleiner Wurm im Körper einer Frau diese unglaublichen Energievorräte für seine Bedürfnisse beansprucht. Meine Fahrweise musste ich auch in dieser Hinsicht anpassen, was mir aber erstaunlich gut gelang.
In der letzten Woche unserer Reise bekam ich leider noch eine Grippe, die ich ohne Medikamente überstehen musste. In dieser Zeit wurde uns die liebenswerte Hilfe der Einheimischen zuteil. Begegnungen, die uns bis heute in dankbarer Erinnerung geblieben sind.
Neben den zahlreichen Herausforderungen gab es jedoch auch viele wunderbare Momente, die diese Reise zu etwas ganz Besonderem machten; Begegnungen mit freundlichen Einheimischen und Mitreisenden, bezaubernde Landschaften und viele ruhige Tage, die wir gemeinsam als Paar verbrachten. Wir wussten schon damals, dass diese Reise die letzte sein würde, auf der wir so intensiv die gemeinsame Zeit genießen konnten. Dennoch warteten wir freudig gespannt auf das was kommen würde, wenn wir irgendwann nicht mehr zu zweit reisen würden.
Seid auch ihr in der Schwangerschaft unterwegs gewesen? Und wie habt ihr das erlebt? Ich freue mich auf euer Feedback!
Den kompletten Reisebericht über unsere Azorenreise findet ihr hier →
Eine Bekannte von mir ist schwanger. Ich finde es mutig von dir, dass du eine Fahrradtour auf den Azoren unternommen hast. Allerdings hast du es ja mit deinem Frauenarzt abgeklärt!
Hallo Lea,
im Nachhinein finde ich das auch mutig, auch wenn ich mich zum Zeitpunkt der Reise gar nicht so mutig empfunden habe. 🙂 Ich denke, es ist für jede Frau individuell sehr unterschiedlich, was sie sich in der Schwangerschaft zutraut, ob man dabei von mutig sprechen kann weiß ich nicht so wirklich, da man die Reise ja nicht so als waghalsig empfindet. Auch ich hatte nie das Gefühl, dass ich mit dieser Reise etwas ganz abgefahrenes getan habe, da das Radeln für mich auch zuhause in der Schwangerschaft vollkommen normal war. Aber wie gesagt, jede hat hier ihre persönliche Schmerzgrenze, oder besser gesagt „Mutgrenze“. Danke für deinen Kommentar.
LG
Christine
Vielen Dank für diese Hinweise zum schwangeren Reisen. Es ist super, dass du im Vorhinein dir einen Rat bei einer Frauenärztin geholt hast. Ich finde gut, dass du es gemacht hast.
Danke für deinen Kommentar, Andreas. Mir war es damals wichtig, dass ich mich medizinisch rückversichern konnte. Natürlich bleibt immer ein Restrisiko und die Verantwortung ganz alleine bei der werdenden Mutter, aber ich bin mir sicher, dass sich jede Frau dieser Verantwortung bewusst ist.