Der EB nördlich der Hohen Tatra in den östlichen Beskiden – auf 200 Kilometern durch eine einsame und wilde Grenzregion

Zakopane

Voller Vorfreude und Euphorie starten wir im Sommer 2023 erneut auf dem Internationalen Bergwanderweg der Freundschaft von Eisenach nach Budapest, kurz EB genannt. In diesem Jahr haben wir weniger Zeit zur Verfügung und wissen schon zu Beginn der Wanderung, dass wir eine dritte Reise benötigen werden, um den knapp 2.700 Kilometer langen Fernwanderweg beenden zu können. Der Startpunkt ist das Ziel des vergangenen Jahres, die polnische Bergstadt Zakopane in der Region Kleinpolen. Der quirlige Touristenort ist das größte Wintersportzentrum Polens und europaweit durch regelmäßige Weltcup-Skispringen bekannt. Auch wenn die Hauptsaison für Zakopane der Winter ist, so tummeln sich im Sommer zahlreiche Touristen in der über viele Kilometer zersiedelten Ortschaft. Zakopane scheint kein Anfang und kein Ende zu haben, ist aber gerade deshalb schön anzusehen am Rande der mächtig über der Stadt thronenden Gipfel der Hohen Tatra.

Blick auf die Hohe Tatra
Der EB-Wanderer genießt immer einen schönen Blick in die Hohe Tatra

Wie schon bei anderen Abschnitten des EB haben wir uns auch hier gefragt, warum der EB nicht über das Gebirge der Hohen Tatra führt, sondern im Norden auf polnischer Seite um die Tatra herum. Im Gebirge der Tatra und Hohen Tatra gibt es durchaus Bergpässe, die ein Überqueren der Tatra möglich machen, und sicherlich interessanter wären als das Umlaufen des Gebirges. Die Antwort gibt uns auch hier die Historie des Wanderweges. Der EB ließ zur damaligen Zeit nur Überschreitungen von Landesgrenzen auf offiziellen Grenzübergängen zu. Und weil die Tatra ein Grenzgebirge ist, war auch hier ein Wandern in diesem Gebiet EB-Wanderern nicht möglich. Heute gibt es viele schöne grenzüberschreitende Wanderwege in der Hohen Tatra, und wer es mit dem offiziellen Verlauf des EB nicht so genau nimmt, dem würden wir ein Überqueren der Tatra von der Slowakei ins polnische Zakopane über die Tatra empfehlen. Wir haben dies im letzten Jahr nicht gemacht, und können daher keine Informationen zu den Wanderwegen in der Tatra geben.

Die Hohe Tatra bei Sonnenschein

Die östlichen Beskiden – wer sie unterschätzt, verliert

Wie schon erwähnt, verläuft der EB auf nördlicher Seite der Tatra über den Beskidenhauptkamm, womit man die Hohe Tatra – und das ist das schöne dabei – immer im Blick hat. Am ersten Tag bin ich noch hochmotiviert und glaube mit dem wesentlich niedrigeren Beskidenkamm das große Los gezogen zu haben. Doch schon am zweiten Wandertag zeigen die Berge der Beskiden ihre Zähne. Selbst wenn die Anstiege nicht lang sind, so sind sie teilweise höllisch steil. Der für mich steilste Anstieg des gesamten EB ist der gerade einmal 500 Meter lange Aufstieg auf den Berg Zar zwischen den Ortschaften Jurgowskie Stajnie und Niedzica Zamek. Auf diesem halben Kilometer überwindet man 150 Höhenmeter. Das ist zwar kurz, aber mörderisch steil, und das am zweiten Wandertag.

Schwierige Wege auf dem EB
Schwierige An- und Abstiege sind in den östlichen Beskiden häufig
Pieninen Nationalpark
Blick auf den kleinen Nationalpark Pieninen

Am dritten Wandertag erreichen wir den kleinen Nationalpark Pieninen. Von diesem nur knapp 25 Quadratkilometer großen Nationalpark – den wir schon in einem Tag durchqueren können – haben wir uns ein bisschen mehr versprochen. Von den charakteristischen nackten Felswänden, die diesen Nationalpark prägen, sehen wir nur wenig, da der EB nicht an den Kalksteinwänden direkt vorbeiführt. Wie zu erwarten, ist das Gebiet um den Nationalpark jedoch gut besucht, auch weil sich in näherer Umgebung einige Kur- und Touristenorte befinden.

Blick auf den NP Pienninen

„Gebt auf euch acht – es gibt hier Bären“

Im quirligen Kurort Szcawnica Wyzna treffen wir zufällig einen perfekt deutschsprechenden Polen, der uns viel Glück für die Weiterreise wünscht ohne es zu versäumen uns auf die Gefahren von Bären auf den kommenden Etappen hinzuweisen. Schon im letzten Herbst in der Mala Fatra wurden wir mehrere Male auf den Umstand hingewiesen, dass es in den Gebirgen Bären gibt, und man aufpassen solle.

Die polnischen Ostbeskieden
In den östlichen Beskiden gibt es Braunbären

Ich weiß nicht so recht, wie ich diese Warnungen und Hinweise deuten soll, denn Angst hatte ich bisher keine. Sucht man im Internet nach Informationen zu diesem Thema, finden sich allerdings einige Berichte über die Zunahme von Begegnungen zwischen Menschen und Bären, die nicht immer glimpflich abgehen. Wir wollen diesem Thema jedoch nicht zu viel Raum geben, fühlen uns gut informiert und vorbereitet und haben somit keine große Angst. Die Tatsache, dass wir zu zweit unterwegs sind, reduziert Bärenbegegnungen ebenfalls, da wir uns sehr oft unterhalten. Das mögen die pelzigen Bergbewohner nicht so sehr und suchen lieber das Weite. Trotzdem haben wir eine Bärenglocke dabei, für den Fall, dass wir uns nichts mehr zu sagen haben, und über mehrere Kilometer einfach nur Schweigen wollen. Das ist aber unser einziger „Schutz“ gegen Bären, da wir weiteres nicht für nötig erachten. Dass es Bären in den östlichen Beskiden und auch in der anschließenden Ostslowakei gibt, sehen wir an ihren Spuren, die sie hin und wieder auf schlammigen Pfaden hinterlassen.

Wandern in Bärengebiet
Wir haben dieses Mal zur Abschreckung der Bären eine Bärenglocke dabei

Die östlichen Beskiden – auf dem Weg in die Einsamkeit und eine schwierige Entscheidung

Wegweisung in den BeskidenJe weiter man sich von der Tatra entfernt, desto einsamer werden die Wanderwege. Die östlichen Beskiden, die sich bis an die ukrainische Grenze erstrecken, sind schwach besiedelt und ein wenig bewandertes Gebiet. Der EB ist bis zum Dukla-Pass identisch mit dem E 3 und Beskiden-Hauptwanderweg. Im Gebiet des ehemaligen offiziellen Grenzübergangs trennen sich die drei Wanderwege. Der Beskidenhauptwanderweg führt weiter nach Osten an die ukrainische Grenze und der E 3 überquert hier nicht die Grenze zur Slowakei, sondern macht eine Kehrtwende, um direkt auf der Grenze zwischen Polen und der Slowakei wieder für ca. 70 km nach Westen zu führen. Nachdem wir bisher jede Strecke des EB gelaufen sind (auch die für uns unsinnigen), entscheiden wir uns zum ersten Mal auf dieser langen Reise nicht auf dem EB zu bleiben, sondern dem E 3 zu folgen, und zwar noch bevor die beiden Wege sich am Dukla-Pass trennen. Der E 3 macht im Grenzgebiet zur Slowakei ebenfalls eine langgezogene Schleife, die auf den Karten wie ein Blinddarm aussieht und gut abgekürzt werden kann.

In Ostpolen auf dem Beskidenhauptweg
In den Ostbeskiden gibt es immer weniger Siedlungen….
Berghütten in den Ostbeskiden
….aber schöne Berghütten wie diese
Abenteuerliche Wegweisung
Abenteuerliche Wegweisung in den Ostbeskiden

Wir treffen eine für uns schwierige Entscheidung, indem wir auch diesen Weg abkürzen, und zwar aus logistischen Gründen. Der E 3 führt vom Dukla Pass direkt auf der polnisch-slowakischen Grenze ca. 70 km wieder nach Westen durch ein vollkommen unbesiedeltes Gebiet. Da wir im Vorfeld keine Infos über Wasserstellen auf den 70 Kilometern eingeholt haben, entscheiden uns für das Abkürzen dieser Schleife. Kurz vor der Ortschaft Hanczowa laufen wir über einen Umweg von 8 Kilometern nach Süden zur slowakischen Grenze, wo wir wieder auf den E 3 treffen. Bis zur kleinen Ortschaft Obrucne verläuft der E 3 direkt auf der Grenze durch unbesiedeltes Gebiet.

Schnell merken wir, dass wir das Wasserproblem noch nicht los sind. Die letzten Tage waren sehr heiß und unser Wasserbedarf ist dementsprechend hoch. In der Grenzgemeinde Obrucne fragen wir nach Wasser und füllen all unsere Flaschen wieder auf. Wir haben die Möglichkeit zusammen 8 Liter Wasser zu transportieren, was bei den aktuellen Temperaturen von bis zu 30 Grand nicht gerade viel ist. Auf den nächsten 40 Kilometern Richtung Presov sind wir auf Wasserquellen angewiesen, die es auf dem Gebirgskamm der niederen Beskiden, wo der E 3 nun verläuft, nur wenige gibt. Kurz vor dem Berg Cergov trifft der EB – von Bardejov kommend – wieder auf den E 3. Von nun an sind wir wieder auf dem historischen EB unterwegs, und auf unserem weiteren Weg in der Ostslowakei begleitet uns nur noch das schlechte Gewissen einen Teil des Fernwanderwegs abgekürzt zu haben.

Der EB in den östlichen Beskiden

Ein weiterer lohnenswerter Fernwanderweg in den polnischen Beskiden

Einer der wenigen Fernwanderwege, die es in Polen gibt, ist der Kazimierz-Sosnowski-Beskidenhauptwanderweg (auf polnisch Główny Szlak Beskidzki imienia Kazimierza Sosnowskiego). Er wurde Anfang des 20. Jahrhunderts (1929-1935) erstellt und ist mit einer Länge von knapp 500 Kilometern auch der längste Wanderweg in den polnischen Gebirgen. Er beginnt (oder endet) in der polnischen Ortschaft Ustroń an der tschechischen Grenze in den westlichen Beskiden und führt über die polnischen Beskiden bis an die ukrainische Grenze. Dabei durchquert der Kazimierz-Sosnowski-Beskidenhauptwanderweg vier Nationalparks. Seine Markierung ist identisch mit dem EB, was hin und wieder zur Verwirrung führt. Auf seinem Weg in den Osten überquert dieser Fernwanderweg alle hohen Gipfel der polnischen Beskiden, nicht aber den kleinen polnischen Teil der Hohen Tatra. Der EB trifft kurz vor Zakopane auf den Kazimierz-Sosnowski-Beskidenhauptwanderweg und ist bis zum Dukla-Pass mit ihm identisch, womit er fast 200 Kilometer mit ihm teilt.

Auf dem Beskidenhauptwanderweg
Auf dem Beskidenhauptwanderweg

Der EB in den polnischen Ost-Beskiden – unser Fazit

Schöne Berghütte in den polnischen Beskiden
Es gibt sehr schöne Berghütten in den polnischen Beskiden

Wer hofft, dass der EB – nur, weil er um die Hohe Tatra herumführt – auf dem Beskidenhauptkamm einfacher ist, der täuscht sich. Zwar gibt es einige einfache Etappen, aber je weiter man nach Osten vordringt, umso schwieriger werden sie. Auf den ersten Etappen in den polnischen Beskiden kommt man noch durch sehr belebtes Gebiet mit vielen Ski-, Urlaubs- und Kurorten, die, je weiter man nach Osten vordringt, immer weniger werden. Im östlichsten Teil der Beskiden wird es immer wilder und einsamer. Es gibt zwar noch einige Berghütten auf der Strecke, aber ansonsten ist das Gebiet schwach besiedelt. Das gilt hier auch für den E 3, der – anders als der EB – direkt auf der slowakisch-polnischen Grenze verläuft, und auf dessen Streckenverlauf es noch nicht einmal mehr Berghütten gibt. Wer sich in diese Wildnis begibt, der sollte genügend Proviant für mehrere Tage dabeihaben und die Wasserversorgung sehr genau recherchieren. Wenn man mit dem Zelt unterwegs ist, muss man bedenken, dass es hier Bären gibt, und entsprechende Vorkehrungen treffen. Da uns drei Etappen auf dem EB bis zum Dukla-Pass fehlen, können wir keine Aussage über diese Strecke bis zur slowakischen Grenze treffen. Laut dem Streckenprofil unserer Wander-App sind es aber sehr schwere Bergetappen. Uns wurde gesagt, dass die meisten Wanderer hier den E 3 gehen, der noch einmal mehr fernab der Zivilisation führt. Wir haben diesen abgekürzt, und sind ohne weite Umwege zur slowakischen Grenze gelaufen.

Die Ostbeskiden sind einsam
An den Berghütten in den Ostbeskiden darf man immer zelten

Die Beschilderung des EB auf diesem Abschnitt ist schlechter als auf anderen Streckenabschnitten. Oft ist sie lückenhaft oder abenteuerlich. Der EB wird in Polen ausschließlich über den E 3 markiert, da die Polen ein eher gespaltenes Verhältnis zu diesem ehemaligen sozialistischen Wanderweg haben. Trotzdem sieht man hin und wieder EB Aufkleber , die einem anzeigen, dass man sich auf ihm befindet.

Landschaftlich gesehen ist der Abschnitt des EB in den östlichen Beskiden sehr schön, was nicht zuletzt an der Hohen Tatra liegt, die man auf weite Teile immer im Blick behält. Die Versorgung ist zu Beginn noch einfach, wird aber nach Osten hin schwieriger, da die Orte immer kleiner werden und weiter auseinanderliegen. Eine gute Proviant- und Wasserplanung ist auf diesem Teil des EB sehr wichtig.

Der EB in den polnischen Beskiden

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