Der EB im Altvatergebirge und den westlichen Beskiden – auf 320 Kilometern durch Tschechien in die Slowakei

In den westlichen Beskiden

Nach über sechs Wochen auf dem Internationalen Bergwanderweg der Freundschaft (EB) erreichen wir das tschechische Altvatergebirge. Der Übergang vom Glatzer Schneegebirge ins Altvatergebirge ist fließend. An einem Tag kann man das Schneegebirge verlassen und den ersten Berg des Altvatergebirges besteigen. Das Altvatergebirge wird im tschechischen auch Hrubý Jeseník genannt, was so viel wie „Hohes Gesenke“ heißt. Das Gebirge ist ebenfalls Teil der Sudeten und wird dem östlichen Gebirgszug zugeordnet. Der höchste Berg des Altvatergebirges ist mit einer Höhe von 1.491m der Praděd (Altvater). Fünfundfünfzig weitere Gipfel des Altvatergebirges erreichen eine Höhe von über 1.000 Meter. Das Altvatergebirge ist geprägt von großen Waldflächen und hohen Niederschlägen, weshalb es hier zahlreiche Flüsse und das größte Pumpspeicherkraftwerk Tschechiens gibt. Das Altvatergebirge liegt zudem auf der Europäischen Hauptwasserscheide.

Im Altvatergebirge
Der EB im Altvatergebirge

Das Altvatergebirge – ein Wendepunkt unserer Reise auf dem EB

Mit Verlassen des Glatzer Schneegebirges scheint das stabile sonnige und sehr heiße Wetter der letzten Wochen vorerst ein Ende zu nehmen. Die Sonne lugt nur noch spärlich durch die dichten Wolkenberge hervor und in den dichten Wäldern des Altvatergebirges ist es spürbar kälter als in allen anderen Gebirgen, die wir bisher überquert haben. Eigentlich tut uns das gut, weil die Hitze der letzten Wochen uns schon arg zugesetzt hat. Dennoch haben wir uns an diese hohen Temperaturen gewöhnt, sodass wir jetzt leicht zu frösteln beginnen und sogar eine Kleidungsschicht mehr anziehen müssen. Die Flora des Altvatergebirges ist kaum von der des Glatzer Schneegebirges zu unterscheiden. Es dominieren Fichten und Buchen, wobei erstere sich noch in einem erstaunlich guten Zustand befinden im Vergleich zu anderen Fichtenwäldern in Mitteleuropa. Doch auch hier leidet die Fichte und wird über kurz oder lang an diesem Standort anderen Baumarten unterlegen sein.

Schlechtes Wetter im Gebirge
Im Altvatergebirge endet die Schönwetterphase endgültig
Schwierige Passagen auf dem EB
Auf dem EB gibt es auch schwierige Passagen

Der EB führt auf drei Tagesetappen durch das Altvatergebirge und verlässt es im Süden bei der Kleinstadt Rýmařov (Römerstadt). Für uns werden diese drei Tage ein Wendepunkt unserer Reise, was wir bis dato noch nicht ahnen. Am zweiten Tag unserer Wanderung im Altvatergebirge bekommen wir die „Freuden“ der hier üblich hohen Niederschlagsmengen zu spüren. Es ist für uns der erste nennenswerte Regen der bisherigen Reise und wir sind so gar nicht darauf vorbereitet. Natürlich haben wir Regenkleidung dabei, aber das Wasser kommt so unterwartet und schnell, dass wir es in dieser kurzen Zeit nicht schaffen uns adäquat zu schützen. Und da ich sowieso schon nass bin, erachte ich es nicht für sinnvoll meine Regenhose über die regendurchtränkte Wanderhose zu ziehen. Etwas mürrisch laufe ich einfach stoisch weiter, untenrum komplett bis auf die Unterhose durchnässt. Wir haben ja auch nur noch fünf Kilometer bis zu unserem heutigen Etappenziel. Leider bemüht sich das Wetter in den nächsten Tagen genau so zu bleiben wie an diesem besagten Tag. Die Temperaturen fallen deutlich in den Keller, und wo wir noch vor einigen Tagen bei angenehmen 25 Grad + unterwegs waren, so sind es jetzt noch maximal 15 Grad bei starkem Wind und Regen. Glücklicherweise können wir das Altvatergebirge zügig hinter uns bringen, womit wenigstens die starken Winde und der Regen etwas nachlassen. Auch die Temperaturen sind im Flachland um einiges erträglicher. Leider merke ich in der Stadt Rýmařov, dass meine Kondition nachlässt und ich Kopf- und Halsschmerzen bekomme. Am nächsten Tag geht es mir noch schlechter und wir beschließen, auch angesichts der Tatsache, dass wir an diesem Tag fast 15 Kilometer auf Asphaltstraßen unterwegs wären, mit dem Linienbus zum nächstgelegenen Campingplatz nach Budisov zu fahren. Dort legen wir – zum Ersten Mal seit wir auf dem EB unterwegs sind – einen Pausentag ein, und ich versuche die beginnende Erkältung in den Griff zu bekommen. Einen Tag später wollen wir den nächsten Campingplatz erreichen. Doch schon nach wenigen Kilometern merke ich, dass ich überhaupt keine Kraft habe, obwohl der EB aktuell über relativ flaches Land führt.

Landstraßenabschnitt auf dem EB
Leider führt der EB auf diesem Abschnitt auch häufig direkt über Landstraßen

Seit dem Altvatergebirge befinden wir uns wieder im Flyover Country, also einem eher unattraktiven Landschaftsabschnitt zwischen zwei Gebirgen. Dieses „Flyover“ Gebiet zwischen dem Altvatergebirge und den westlichen Beskiden (die in Tschechien ganz im Osten des Landes liegen) ist mit 130 Kilometer ausgesprochen lang. Leider ist es auf diesen Etappen auch so, dass der EB sehr häufig auf Autostraßen verläuft, was die Wanderlust zusätzlich trübt. Von der eigentlich 20 Kilometer langen Etappe laufen wir an diesem Tag nur 14, da wir glücklicherweise ein wenig abkürzen können. Ein weiterer Pausentag folgt. Einen Tag später versuche ich einen weiteren Anlauf, obwohl ich schon am Morgen merke, dass es überhaupt keinen Sinn macht. Mit Müh und Not erreiche ich die Ortschaft Suchdol nad Odrou und gebe meinem Mann zu verstehen, dass die Reise hier nicht weitergeht. Selbst wenn ich noch einen weiteren Pausentag einlegen würde, wäre das für eine Genesung viel zu kurz. Auch wollen wir nicht eine Woche lang irgendwo ausharren, da uns das nur wertvolle Reisezeit kosten würde. Kurzentschlossen steigen wir in den nächsten Zug nach Prag und einen Tag später geht es für uns über Dresden nach Hause. Diese Entscheidung fiel uns wahrlich nicht leicht, aber sie erwies sich im Nachhinein als richtig. Auf der Rückreise bekam ich Fieber und mein Mann lag eine Woche später ebenfalls für vierzehn Tage flach.

Das Radegast Hotel in den westlichen Beskiden
Neustart in den westlichen Beskiden – Abendstimmung am Radegast Hotel

Der EB in den westlichen Beskiden – ein herbstlicher Neustart mit Glücksgarantie

Wanderschilder in den westlichen BeskidenSechs Wochen später starten wir einen dritten Anlauf auf dem EB. Mittlerweile nehmen wir die Zwangspausen auf unserer großen Reise mit Humor. Mal sehen, wie weit wir es diesmal schaffen, und wann uns das nächste Ungemach droht. Für die nächsten drei Wochen nehmen wir uns allerdings vor, dass nichts mehr dazwischenkommt. We will see. Angesichts der Tatsache, dass wir mittlerweile den 8. Oktober schreiben und der Herbst schon in vollem Gange ist, habe ich diesen Reiseabschnitt ein wenig anders geplant. Unser geliebtes Zelt bleibt zuhause, worüber ich alte Frostbeule nicht gerade unglücklich bin. In den Gebirgen, die jetzt vor uns liegen, ist es Mitte Oktober schon empfindlich kalt, und wir haben einfach nicht die entsprechende Ausrüstung für herbstlich kalte Touren. Diese Entscheidung – ohne das Zelt unterwegs zu sein – bedeutet für mich eine präzise Routenplanung. In den letzten Wochen habe ich viele Tage damit verbracht unsere Tour bis ins kleinste Detail zu planen und alle Unterkünfte zu buchen. Eine bekannte Buchungsplattform war mir dabei eine große Hilfe. Die Berghütten allerdings musste ich alle persönlich anschreiben und auf eine positive Antwort warten, was lange eine Zitterpartie war, denn wenn zwischen zwei Etappen nur eine einzige Berghütte war und diese – warum auch immer – absagen würde, würde das meine ganze Planung durcheinanderbringen. Ich hatte jedoch das unglaubliche Glück, dass von allen Berghütten, bei denen es keine Ausweichunterkünfte gab, eine positive Rückmeldung kam. Nach diesen vier nervenaufreibenden Planungswochen war mir einmal mehr klar, warum ich lieber mit dem Zelt unterwegs bin. Der einzig positive Effekt beim Wandern über feste Unterkünfte ist, dass man mit wesentlich weniger Rucksackgewicht unterwegs sein kann. Diese enorme Erleichterung würden wir in den nächsten drei Wochen noch zu schätzen wissen. Doch zunächst zum Beginn der Reise in den westlichen Beskiden.

Die tschechischen Beskiden
Die westlichen Beskiden markieren die Grenze zwischen Tschechien und der Slowakei

Zugegebenermaßen starten wir nicht dort, wo wir vor sechs Wochen abgebrochen haben, sondern eine Etappe weiter am äußeren, westlichen Rand der tschechischen Beskiden. Auch finden wir keine Unterkunft an dem Ort, wo der EB das Gebirge erreicht, sondern müssen ein wenig weiter südlich, in der Kleinstadt Valašské Meziříčí, starten. Auf unserer ersten Etappe erreichen wir den EB kurz vor dem Gipfel des 981 Meter hohen Berges Velka Polana.

Die tschechischen Beskiden bilden den westlichen Teil des großen Gebirgszugs der Beskiden, die den inneren Rand der noch größeren Karpaten markieren, welche sich über Polen bis in die Ukraine erstrecken. In Tschechien heißt dieser Teil des Gebirges Moravskoslezské Beskydy, das bis über die Grenze in die Slowakei ragt. Das unter Naturschutz stehende Gebirge ist für Tschechien auch ein wichtiges Wintersportgebiet. Einer der bekanntesten Gipfel der Moravskoslezské Beskydy, ist der 1.130 Meter hohe Radhošť, auf dessen Gipfel der slawischen Gott Radegast mit einer großen Statue verewigt wird. Unweit des Radhošť Gipfel kommt man an einer schönen touristischen Anlage namens Pustevny vorbei. Die Berghütten in reich verzierter Holzbauweise entsprechen alter slawischer Architektur. Die kleine, fast nur aus Hotels bestehende, Gemeinde ist gleichzeitig ein Freilichtmuseum.

Das Freilichtmuseum Pustevny
Die Siedlung Pustevny in den westlichen Beskiden

Unser Start in den herbstlichen Beskiden steht unter einem guten Stern. Die Wetteraussichten für die nächsten Wochen sind rosig bzw. golden. Wir freuen uns darüber wie kleine Kinder und genießen einen goldenen Herbst auf dem 130 Kilometer langen EB-Abschnitt zwischen Tschechien und der Slowakei in vollen Zügen. In sechs Tagen überqueren wir die schlesisch-mährischen Beskiden, die auch die Grenze zwischen Tschechien und der Slowakei markieren und erreichen schließlich den nächsten spannenden Abschnitt des EB – den slowakischen Nationalpark Mala Fatra.

Herbstliche Stimmung in den Beskiden
Es ist Herbst geworden in den tschechischen Beskiden
Wandern in den Beskiden
Markierung des EB bzw. E 3 in den Beskiden
Grenze zur Slowakei
Unser viertes Land auf dieser Reise – die Slowakei

Ein weiterer Fernwanderweg in den westlichen, tschechischen Beskiden

In den westlichen Beskiden gibt es viele kleine nationale Wanderwege und Tageswanderungen, sowohl auf der tschechischen als auch auf der slowakischen Seite des Gebirges. Ein längerer (Fern-)Wanderweg durch die westlichen Beskiden ist der schon erwähnte tschechische Fernwanderweg Stezka Českem. Er durchläuft die westlichen, tschechischen Beskiden von West nach Ost auf über 100 Kilometer in ihrer kompletten Länge und endet am östlichsten Punkt Tschechiens, wo auch der über 2.000 Kilometer lange nationale Fernwanderweg endet. Nähere Infos über diesen Abschnitt des Stezka Českem erhält man unter stezkaceskem.cz/etapy/beskydy/

Blick auf die westlichen Beskiden
Die westlichen Beskiden sind traumhaft schön

Der EB im Altvatergebirge und den westlichen Beskiden – unser Fazit

Dieser über 320 Kilometer lange Abschnitt des EB war für uns ein Auf und Ab der Gefühle, was nicht zuletzt am unfreiwilligen Reiseabbruch lag. Das Altvatergebirge nimmt hier nur einen sehr geringen Teil ein (65 km) und ist aus unserer Sicht kein besonderer Abschnitt auf dem EB. Die weiteren Etappen durch das tschechische Tiefland würde ich definitiv als Flyover Country bezeichnen, also einen Abschnitt, der nicht wirklich sehenswert ist. Das einzig wirklich positive an diesem Streckenabschnitt ist die gute Versorgungslage, da man täglich an Städten oder Dörfern vorbeikommt. Es gibt sogar ein paar gut ausgestattete Campingplätze, die meist direkt am EB liegen. Ansonsten verläuft der EB auf diesen sehr langatmigen 130 Kilometern durch schmucklose landwirtschaftlich geprägte Gebiete und das leider sehr häufig direkt auf Landstraßen. Mit Erreichen des Gebirgszugs der tschechischen Beskiden ändert sich das und der EB führt wieder auf schönen Wanderwegen durch die Berge. Wir haben diesen Teil des EB durch die herbstlichen Wälder der West-Beskiden zwischen Tschechien und der Slowakei sehr genossen. Die Wanderwege werden hier zwar etwas anspruchsvoller, sind aber sehr gut markiert und führen immer wieder direkt durch dichte wunderschöne Wälder, die jedoch immer wieder weite Blicke über grandiose Landschaften zulassen.

Die Beskiden in der Slowakei
Die Beskiden auf slowakischer Seite
Slowakische Gebirge
Unser Fazit zu den westlichen Beskiden – sie sind ein traumhaft schönes Wandergebiet

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