Der Nationalpark Shenandoah in Virginia gilt neben den Great Smoky Mountains als einer der schönsten Naturparks an der Ostküste der USA. Der Nationalpark zieht sich in einer Länge von ca. 200 km wie ein schmales Band über die Höhenzüge der Blue Ridge Mountains, die zu den südlichen Appalachen gezählt werden. Im Westen durchschneidet das fruchtbare Shenandoah Tal mit seinem gleichnamigen Fluss die Appalachen, an dessen Westseite sich der George Washington und Jefferson National Forest anschließen.
Der 1935 gegründete Nationalpark Shenandoah war einer der ersten Nationalparks an der Ostküste, der diesen strengen Schutzstatus erhielt. Shenandoah und die Blue Ridge Mountains sind heute ein wichtiger Rückzugsort und Lebensraum zahlreicher Wildtierarten, u.a. dem Schwarzbären, im stark urbanisierten Osten der USA.
Bekannt und beliebt wurde Shenandoah durch seine außergewöhnliche Panoramastraße, dem Skyline Drive, der geradewegs über die Hügel der Blue Ridge Mountains durch den Shenandoah Nationalpark führt. Der Skyline Drive ist eine 170 km lange Panoramastraße, die in den 1930er Jahren zu touristischen Zwecken erbaut wurde. Die Arbeiten an diesem Mammutprojekt gestalteten sich schwierig, da für die vielen angedachten Aussichtspunkte starke Einschnitte an den Bergen vorgenommen werden mussten. Heute gibt es auf dem Skyline Drive ganze 75 Aussichtspunkte auf 170 Kilometern verteilt im Shenandoah Nationalpark. Die Straße ist für den Güterverkehr gesperrt und hat durchgehend eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 35 mi/h. Shenandoah verfügt über eine gut organisierte Parkverwaltung, wie man es auch von den Nationalparks aus dem Westen der USA gewohnt ist. Alles wirkt strukturiert und ist gut organisiert, von den Parkinformationen bis hin zu den Campingplätzen und Kennzeichnung der Wanderwege. Es gibt im Shenandoah Nationalpark über 800 Kilometer ausgewiesene Wanderwege. Wanderkarten und Wanderführer erhält man unter www.snpbooks.org oder www.nps.gov/shen
Shenandoah hat zwei große Visitor Center, von denen das in der Mitte des Nationalparks gelegene Byrd Center an den Big Meadows das größere (und wohl bessere) ist. Die Parkverwaltung unterhält vier Campingplätze, die in unterschiedlichen Abständen über die gesamte Parklänge verteilt liegen. Zum Zeitpunkt unseres Besuchs war ein Campingplatz gerade wegen Renovierungsarbeiten geschlossen. Über die Öffnungszeiten der Campingplätze und die Verfügbarkeit von Zeltplätzen informiert man sich am besten bei den Visitor Centers der Parkverwaltung oder bei den Campingplätzen selbst. In der Hauptsaison kann es schon mal eng werden mit einem Zeltplatz. Generell gilt auch im Shenandoah Nationalpark das first come, first served Prinzip. Nach meinem Wissensstand kann jedoch ein bestimmtes Platzkontingent reserviert werden. Wer viele kleine Tagestouren im Nationalpark unternehmen möchte, dem rate ich dazu seinen Zeltplatz mindestens einmal zu wechseln, da die Wanderwege über die komplette Länge des Nationalparks (200 km) verteilt liegen.
Was mir am Shenandoah Nationalpark persönlich sehr gut gefallen hat, sind die angenehm kurzen Wanderwege, die auch mit kleinen Kindern in der Regel sehr gut bewältigt werden können. Im Shenandoah Nationalpark startet man seine Wanderung bis auf wenige Ausnahmen immer am Skyline Drive und hat dabei zwei Möglichkeiten: Entweder man wandert zu erhöhten Aussichtspunkten (Vorsicht: sehr häufig Absturzgefahr) oder man läuft ins Tal zu diversen Wasserfällen. Wir haben im Shenandoah Nationalpark einige schöne Wanderungen unternommen, die wir euch hier vorstellen möchten:
Blackrock Summit 2 km return, Schwierigkeitsgrad: einfach
Nachdem wir unser erstes Quartier auf dem südlich gelegenen Loft Mountain Campground bezogen haben, starten wir zu unserer ersten kleinen Wanderung zum Blackrock Summit. Die gerade einmal 1,9 Kilometer lange Wanderung bietet grandiose Ausblicke und ist bis zum Gipfel leicht zu wandern. Oben angekommen muss man allerdings bis zum eigentlichen Aussichtspunkt ein wenig kraxeln, für Kinder sicher eine Freude, aber für kleinere nicht ganz einfach zu bewerkstelligen.
South River Falls 8 km return, Schwierigkeitsgrad: mittel
Etwas anstrengender ist die Wanderung zu den South River Falls bei der man zum Fuße der Wasserfälle mehr als 350 Höhenmeter ins Tal wandert, und natürlich wieder zurück muss. Bis zum ersten Aussichtspunkt zu den Wasserfällen sind es ca. 4 km return, möchte man von den Wasserfällen jedoch etwas mehr sehen, muss man weiter hinunter ins Tal, was aus unserer Sicht nicht unbedingt lohnenswert ist, aber die Beinmuskeln ordentlich strapaziert. An den Wasserfällen kann man immer wieder auf Einheimische – wie hier eine Schlange – treffen.
Bearfence Trail 1 km return, Schwierigkeitsgrad: mittel
Am nächsten Morgen beziehen wir Quartier auf dem zentralen Campingplatz des Shenandoah Nationalpark an den Big Meadows und brechen am späten Vormittag zur nächsten Wanderung auf. Der Bearfence Trail ist eine sehr kurze Wanderung und bietet atemberaubende Ausblicke über den Shenandoah Nationalpark. Trotz seiner sehr geringen Länge ist der Bearfence Trail nicht ganz einfach zu bewandern, da auf den letzten Metern ordentlich geklettert werden muss (Absturzgefahr inklusive). Wir fanden diese Wanderung dennoch wunderschön und können sie jedem nur ans Herz legen.
Dark Hollow Falls 2,5 km return, Schwierigkeitsgrad: einfach
Zu den Dark Hollow Falls geht es wieder in den Wald. Diese Wanderung ähnelt – was das Landschaftsbild betrifft – allen anderen Wanderungen, die zu Wasserfällen im Shenandoah Nationalpark führen. Sie sind schön, aus meiner Sicht jedoch nicht spektakulär. Diese Wanderung ist leicht, da nur etwas mehr als 100 Höhenmeter bewältigt werden müssen.
Hawksbill Summit 3,5 km return, Schwierigkeitsgrad: einfach
Ebenfalls eine lohnenswerte und dabei noch einfache Wanderung führt zum Hawksbill Summit Aussichtspunkt. Diese sehr beliebte Wanderung ist im Sommer stark überlaufen, bietet aber wunderschöne Ausblicke über die Blue Ridge Mountains. Der Hawksbill Mountain ist mit 1.230 m der höchste Berg im Shenandoah Nationalpark.
Whiteoak Canyon 9 km return, Schwierigkeitsgrad: mittel
Die Wanderung in den Whiteoak Canyon hinunter führt ebenfalls an Wasserfällen vorbei und ist mit 430 Höhenmeter ein wenig anspruchsvoller als andere Talwanderungen. Was seine Aussichtspunkte betrifft, ist diese Wanderung sehenswerter als andere Talwanderungen. Bei allen Wanderungen, die ins Tal führen muss man immer mit Schwarzbären rechnen, die in den Blue Ridge Mountains zuhause sind. Auch wir sind auf unserer Wanderung einem Bären begegnet. Ein sehr aufregendes Erlebnis, muss ich gestehen.
Little Stony Man 2 km return, Schwierigkeitsgrad: einfach
Unsere letzte kleine Wanderung führte uns zum wohl bekanntesten Aussichtspunkt des Shenandoah Nationalpark – dem Little Stony Man. Von hier aus kann man den Skyline Drive am besten sehen, wie er sich über die Hügel der Blue Ridge Mountains schlängelt. Diese Wanderung ist ebenfalls recht einfach zu bewältigen. Am Gipfel besteht – wie bei allen anderen Summit Wanderungen – natürlich Absturzgefahr. Also, be carefull with little kids!
Das waren sie, unsere wenigen Wanderungen im Shenandoah Nationalpark. Natürlich gibt es noch viele weitere – sicherlich lohnenswerte – Trails mehr im wohl schönsten Nationalpark der Ostküste.
Unser Fazit: Sollte man den Shenandoah Nationalpark besuchen?
Ja, auf jeden Fall! Für uns ist der Shenandoah Nationalpark der schönste Naturpark im Osten der USA. Was für ihn spricht sind seine gute Erreichbarkeit – er liegt gerade einmal 120 km von Washington D.C. entfernt – und sein durchdachtes Wanderwegenetz, das für jeden Geschmack und jede Kondition schöne Wanderungen bereithält. Selbst mit kleinen Kindern kann man im Shenandoah Nationalpark wunderbar spazierengehen, und dabei wunderschöne Aussichten genießen, was den Nationalpark auch für Familien sehr attraktiv macht. Selbst wer keine Lust zum Wandern verspürt, kann auf dem Skyline Drive in regelmäßigen Abständen herrliche Ausblicke über die Weiten der Appalachen genießen. Ach ja, und der legendäre Appalachian Trail führt geradewegs durch den Shenandoah Nationalpark. So können wir von uns behaupten einen ganz winzigen Teil des 3.500 km langen Appalachian Trails gegangen zu sein. Jeder fängt mal klein an! 😊
Kennst du den Shenandoah Nationalpark? Welche Wanderungen kannst du empfehlen? Wir freuen uns über einen Kommentar von dir!
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