Fahrradtour mit kleinen Kindern auf den Alandinseln – die Insel Kumlinge und zurück auf die Hauptinsel

Genussradeln auf fast autofreien Straßen
Genussradeln auf fast autofreien Straßen

Am nächsten Morgen ist es wieder knackeheiß und für die hiesigen Verhältnisse windstill. In meiner  Shorts werde ich in kürzester Zeit zerstochen. Das gute alte »Autan« kommt wieder einmal zum Einsatz. Wir haben es auf dieser Reise noch kaum benötigt und ich bin froh, dass ich es nicht auf dem Festland zurückgelassen habe. Allerdings scheint die Babyversion des Mückenschreck keinen großen Eindruck auf die lästigen Biester zu machen, denn auch nach dem sorgfältigen Eincremen sind sie immer noch kampfeslustig. Meine Kinder stecke ich trotz der Hitze deshalb in lange Hosen und Langarm-T-Shirts, damit wenigstens sie von den bohrenden Saugrüsseln der fliegenden Monster so einigermaßen verschont bleiben.

Die Fähre kommt erst am Nachmittag in Kumlinge an, sodass wir den ganzen Vormittag zum Faulenzen haben. Die Kinder haben sich natürlich unter den Kajakfahrern schnell Freunde gemacht und dürfen die Boote an Land benutzen. Aufs Wasser lassen wir sie ohne Schwimmwesten allerdings nicht, und es ist leider niemand hier, der so kleine Kinder bei sich hat und uns eine Schwimmweste ausleihen könnte. Trotzdem finden unsere Kurzen es lustig, Piraten auf hoher See an Land zu spielen.

Zurück auf der Hauptinsel Vårdö

Sommer auf den Alandinseln
Sommer auf den Alandinseln

Um die Mittagszeit verlassen wir den Campingplatz und fahren die wenigen Kilometer (es sind zwanzig) zum Fährhafen, womit wir nun unsere dritte kleine Ålandinsel durchquert haben. Die Fähre, die heute eine riesige Autofähre ist, schippert uns zu den großen Hauptinseln zurück. Wir landen am Abend an der Ostküste der Insel Vårdö an. Bei der kleinen Siedlung Sandösund beziehen wir wieder einen Campingplatz direkt am Meer. Seit unserer Ankunft auf den Ålandinseln sind wir außer in Mariehamn in keiner größeren Stadt vorbeigekommen. Alles was wir an menschlichen Siedlungen bisher durchquert oder gesehen haben, waren winzige Siedlungen mit einigen wenigen Häusern, einer Kirche, manchmal ein Gemeindehaus oder eine Schule, einer Tankstelle mit Krämerladen, manchmal ein kleines Café und mit viel Glück einem Supermarkt. Unsere Vorräte sind zwar noch nicht erschöpft, wir teilen sie uns jedoch gut ein, dass wir für jeden Tag noch eine besondere Leckerei haben. Somit können wir die Kinder und natürlich auch uns bei Laune halten. Der Campingplatz, den wir heute bezogen haben, hat sogar ein kleines Restaurant. Wir nutzen daher die seltene Gelegenheit einer warmen Mahlzeit, ohne unseren Kocher auspacken zu müssen. Da wir hier in Skandinavien kaum Fleisch essen, genehmige ich mir heute ein Steak. Noch bevor die Mahlzeit überhaupt auf dem Tisch steht, muss ich mich beherrschen den Tisch nicht voll zu sabbern wie ein lechzender Bernhardiner, so freue ich mich auf das Fleisch. Als es dann endlich kommt, währt die Freude allerdings nur kurz. Mit quietschendem Schmatzen versuche ich wie ein Wiederkäuer die widerborstige „Schuhsohle“ irgendwie so mundgerecht zu bekommen, dass ich sie, ohne daran zu ersticken, hinunterschlucken kann. Das sehr dünne Stück Rindfleisch, welches wie eine Roulade aussieht, wurde wahrscheinlich so kurz angebraten, dass sie gerade so durch ist. Leider eignet sich nicht jedes Stück vom Rind für ein Steak. Dieses zumindest auf keinen Fall, aber erklär´ das mal dem Koch auf Finnisch oder Schwedisch! Bevor ich mir die Mühe mache die Künste des Kochs in Frage zu stellen, würge ich das Stück lieber im Ganzen hinunter und hoffe, nicht daran zu verenden, wie das arme Tier da auf dem Teller vor mir. Manchmal ist ein Tod so sinnlos, denke ich bei mir und fühle mich fast schon schlecht dabei, weil es mich dennoch gesättigt hat.

Ausflugstag mit Wanderung in den Schären

Laut Wetterbericht sollen die nächsten Tage genauso sonnig und warm bleiben wie die vorangegangenen. Wir beschließen daher unser Verweilen hier offen zu lassen. Es gibt mehrere kleine Sandstrände auf dem Campingplatz, das Meer ist an manchen Buchten so flach, dass man viele Meter im knietiefen Wasser hinauswaten kann und die Gegend eignet sich hervorragend für kleine Wanderungen in den Schären. Die Kinder können auf dem kleinen Spielplatz nach Herzenslust toben und im angrenzenden Wald Verstecken spielen. Wieder haben wir ein kleines Paradies gefunden, welches wir nicht so schnell verlassen möchten.

Den ersten radelfreien Tag verbringen wir weitestgehend am Strand, nur während der heißen Mittagszeit flüchten wir unter die schattenspendenden Bäume vor unserem Zelt. Am Nachmittag fahre ich mit meinem Sohn alleine ins nächste Dorf zum Einkaufen. Er bekommt wieder einmal ein Eis, wie fast jeden Tag. Auf dem Rückweg fragt er mich, ob wir uns am Nordpol auf den Eisinseln befinden.

Wanderung in den Schärengärten
Wanderung in den Schärengärten

An das süße Leben hier könnte ich mich durchaus gewöhnen. Heute haben wir mit den Kindern eine kleine Wanderung von fünf Kilometern in der näheren Umgebung unternommen.  Der Weg führte uns durch kühlende Wälder, über blühende Sommerwiesen und steinige Küstenstreifen am Meer entlang. Es war wirklich ein wunderschöner Ausflug, auf dem wir Michel und Pippi Langstrumpf Lieder trällerten, und uns so richtig in die Welt von Astrid Lindgren hineinversetzt fühlten. Er erfüllte unser Klischee vom schwedischen Sommer auf ganzer Linie.

Am Abend sind unsere Kinder so müde, dass es überhaupt keine Proteste mehr gibt, als sie schlafen sollen. Im Gegenteil, unser Sohn schlüpft freiwillig in seinen Schlafsack und träumt vielleicht in dieser Nacht von Michel, seiner kleinen Schwester Ida und den vielen Streichen, die unser Sohn noch vor sich hat.

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