âEntdecken Sie auf einem nostalgischen Ausflugsboot die landschaftliche Schönheit der Kornatenâ, schrieb sich verheiĂungsvoll der bunte und abgegriffene Werbeflyer, der mir ein bĂ€rtiger Mann mittleren Alters mit einem netten zurĂŒckhaltenden LĂ€cheln auf den Lippen in die Hand drĂŒckte. âWir haben viel Zeit es uns zu ĂŒberlegenâ, lieĂ er in einem gebrochenen Deutsch verlauten, da er erst am Nachmittag wieder zurĂŒckkommen wird.

Organisierte Ausflugstouren sind nicht gerade unsere Sache. Zu sehr erinnern sie mich an die typischen AusflĂŒge, die man in den Pauschalreisehotels angeboten bekommt. Vollmundig werden da einem absolute âMust seesâ angepriesen, die ein unvergessliches Urlaubserlebnis versprechen, in der RealitĂ€t aber den ausgeschmĂŒckten VerheiĂungen nie Stand halten können. Meist wird man mitten in der Nacht gezwungen aufzustehen â geht im Urlaub fĂŒr mich ja gar nicht â um noch vor dem Sonnenaufgang leicht bekleidet und frierend auf einen Minibus zu warten, der eigentlich nie pĂŒnktlich ist. Sollte er wider erwarten doch pĂŒnktlich sein, wird man in einer Art und Weise, die mich schwer an das Zusammentreiben von Rindvieh zum Almabtrieb erinnert, unter Aufsicht â als wĂŒrde der gemeine Tourist einen Weg von fĂŒnfzig Metern nicht alleine gehen können – an den Minibus begleitet und mit zahlreichen anderen, vor MĂŒdigkeit gĂ€hnenden, Leidensgenossen in den Bus gequetscht. Irgendwann stellt man plötzlich fest, dass weniger SitzplĂ€tze als Hinterteile vorhanden sind. Hecktisches telefonieren, lĂ€ngeres Warten â die Sonne ist bereits aufgegangen â wird ein weiterer Bus organisiert und weil man mit den ganzen Ausflugspunkten schon lange nicht mehr im Zeitplan liegt, verlĂ€uft der gesamte Tag wie ein Ausflug mit Kindern in einem Freizeitpark. Man hetzt von einem sogenannten âHighlightâ zum nĂ€chsten. Mit dem Unterschied, dass man hier nicht von den lieben Kleinen sondern vom netten Ausflugspersonal weiter getrieben wird. Das einzige wofĂŒr einem immer genug Zeit gegeben wird, ist natĂŒrlich das Einkaufen in landestypischen Souvenirshops und ausgiebige Speisen in einheimischen Restaurants. Wie gesagt, nicht unsere Sache!

Dennoch ĂŒberlegen wir, da wir ja den ganzen Vormittag Zeit dafĂŒr haben. Unsere Kinder spielen gerade mit ihren Freunden, die sie gestern hier kennengelernt haben und wir sitzen gemĂŒtlich vor unserem Zelt und genieĂen den zweiten Kaffee des Tages. Ich studiere den Flyer ein wenig genauer und checke kritisch das Preis-Leistungs-VerhĂ€ltnis. Sieht eigentlich ganz vernĂŒnftig aus, und als Highlight wird einem der Drehort des Karl May Films âDer Schatz im Silberseeâ serviert.
Plötzlich rennen uns zwei ĂŒberdrehte Kinder fast ĂŒber den Haufen. âWir möchten Boot fahren, bitte, bitte, bitte! Die anderen fahren auch mitâ, was natĂŒrlich nicht gelogen war. Unsere netten Zeltnachbarn haben sich wohl entschlossen den Ausflug mitzumachen, und die Kinder sich gegenseitig mit Vorfreude angesteckt. Haben wir jetzt eine andere Wahl als auch mitzufahren? Wohl nicht! Na ja! Vielleicht wird es ja ganz nett, und ehrlich gesagt hatten wir morgen sowieso nichts vor.

Also stehen wir am nĂ€chsten Morgen doch ein wenig frĂŒher auf als gewöhnlich (die Sonne ist aber schon aufgegangen) und fahren an den Hafen, wo der alte ganz aus Holz getĂ€felte Kutter schon auf uns wartet. Keine Touristenmassen sind unterwegs. Es ist erstaunlich friedlich. Nur drei kroatische Musikanten stehen ein wenig gelangweilt am Steg und trĂ€llern uns wehmĂŒtige Balkanweisen um die Ohren. Wir sind wohl ein bisschen zu frĂŒh dran, aber bekommen dafĂŒr einen wunderschönen Platz im Inneren des Schiffes mit Tisch am offenen Fenster und genieĂen die ruhige AtmosphĂ€re. Von Minute zu Minute kommen mehr GĂ€ste und das Boot fĂŒllt sich fast bis zum letzten Platz, aber bis zum Auslaufen dauert es fast noch eine Stunde. Unsere Freunde sind kurz nach uns angekommen und nun sitzen wir fröhlich schnatternd beisammen und genieĂen ein kleines FrĂŒhstĂŒck, das aus krĂŒmeligen Törtchen und lauem Kaffee besteht.  FĂŒr die Kinder haben wir zwei TĂŒten GummibĂ€rchen dabei, die bei sechs Kindern schneller leer sind als wir âStopâ sagen können.

Die Inselgruppe der Kornaten, auch Kornati genannt,  erstreckt sich an der kroatischen KĂŒste zwischen den StĂ€dten Zadar im Norden und Sibenik im SĂŒden. GroĂe Teile der Inselgruppe wurden 1980 unter Naturschutz gestellt und als maritimer Nationalpark ausgewiesen. Das vegetationsarme Archipel â zum Nationalpark gehören fast hundert Inseln â besticht durch karge Karstlandschaften, die sich kontrastreich gegen das dunkle Blau der kroatischen Adria abheben. Zum offenen Meer hin steil abfallende KalksteinwĂ€nde bieten ein beeindruckendes Naturschauspiel.
Wir umschiffen mehrere Inseln dieser Art und landen gegen Mittag an der Insel Dugi Otok an, die am westlichen Ende des Kornati-Nationalparks liegt. Nach einem ĂŒppigen Fischmittagessen â ĂŒppig deshalb, weil unsere Kinder ihre Portionen fast unangetastet stehen lassen  â verlassen wir das Schiff zu einem dreistĂŒndigen Landgang. Wir befinden uns im sĂŒdöstlichen Teil der Insel im Naturpark TelaĆĄÄica. Unser  Ziel ist der Salzsee »Mir«, der laut unseres ReisefĂŒhrers der Drehort fĂŒr den Karl-May-Film âDer Schatz im Silberseeâ war. WĂ€hrend wir versuchen uns den alten âSchinkenâ (Film) ins GedĂ€chtnis zurĂŒck zu rufen, pilgern wir an den See. Und  wirklich, es ist dort bezaubernd schön, wenn man einmal von den Menschenmassen am kleinen Sandstrand absieht. Wir trotten daher ein StĂŒckchen weiter in den Wald und lassen uns an einem schattigen menschenleeren Platz am Seeufer nieder.

Der hohe Salzgehalt des Sees lĂ€sst es zu, dass man ohne jegliche Bewegung gemĂŒtlich auf dem Wasser liegen kann ohne dabei unterzugehen. Es ist faszinierend! Und das vor allem fĂŒr unsere Kinder.  Sie haben einen RiesenspaĂ mit ihren neuen Freunden und ich freue mich wirklich, dass ich dem Wunsch meiner Kinder, diesen Ausflug mitzumachen, nachgekommen bin. Nur die Aussage, dass hier ein Karl-May-Film gedreht worden sein soll, will mir nicht so recht in den Kopf. Warum sollte man eine ganze Filmcrew samt AusrĂŒstung auf diese, vom Festland weit entfernte, gottverlassene Insel schippern? Ich sitze entspannt im Schatten der niedrigen OlivenbĂ€ume und mir dĂŒngt allmĂ€hlich, dass wir womöglich wieder einmal einem werbewirksamen Touristengag auf den Leim gegangen sind.
Dennoch genieĂen wir den Tag auf der Insel Dugi Otok und den Kornaten in vollen ZĂŒgen. Auf der RĂŒckfahrt springen die Kinder ĂŒbers Deck und spielen Piraten auf der Flucht, wĂ€hrend wir versuchen sie immer wieder einzufangen. Die Musiker vom Vormittag sind ebenfalls mit an Bord und spielen auf der RĂŒckfahrt nun heitere Seemannslieder, von denen selbst wir das eine oder andere kennen. Viele Touristen singen lautstark mit und es herrscht eine ausgelassene Stimmung.

Viel spĂ€ter erfahren wir, dass ich mit meiner Vermutung Recht hatte. Aus unerfindlichen GrĂŒnden wird â wahrscheinlich noch heute â behauptet, dass die Kornaten Drehort eines Karl May Films waren. Wahrscheinlich nur, um die AusflĂŒge interessanter zu machen. Dieser besagte Film wurde jedoch tatsĂ€chlich im Nationalpark Plitvicer Seen gedreht. Eine Gegend Kroatiens, die aufgrund ihrer Schönheit keine Werbung dieser Art nötig hat.
Anyway! Es bestĂ€tigt mich wieder einmal, dass man auf organisierten AusflĂŒgen nicht immer das bekommt, was einem versprochen wird, was in diesem Fall jedoch ĂŒberhaupt nicht tragisch war. Wir hatten einen wunderschönen Tag und die Kornaten sind wirklich einen Tagesausflug wert. Egal welchen BĂ€ren man sich dafĂŒr aufbinden lĂ€sst.
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Wir freuen uns immer ĂŒber Kommentare zu unseren Reiseberichten.
Es ist interessant, dass das hin und her sich fĂŒr euch wie ein Familienausflug mit Kindern im Freizeitpark angefĂŒhlt hat. Wir planen gerade einen Ă€hnlichen Urlaub, aber werden dann wohl etwas mehr bei der Zeitplanung aufpassen. SchlieĂlich will man unter all dem Stress ja auch ein wenig entspannen.
Das beschriebene Szenario entsprang lediglich meiner Fantasie. đ So wie ich mir eben solche AusflĂŒge vorgestellt habe. In Real war es dann doch viel schöner als „ertrĂ€umt“. Ja, es ist ganz klar, dass man sich mit Kinder auf einer solchen Reise viel mehr Zeit nehmen muss. Diese Erfahrung konnten wir auf allen unseren Reisen machen.
Vielen Dank fĂŒr die tollen Informationen. Wir fahren dieses Jahr in die NĂ€he von Zadar und ich wĂŒrde gerne mit unseren Kinder (2&5) eine Bootstour machen.
Kannst du mir sagen, wo ihr an Bord gegangen seid?
Viele GrĂŒĂe, Mailiss
Hallo Mailiss,
da dieser Urlaub schon ein paar Jahre her ist, kann ich dir leider nicht mehr sagen wo genau wir an Bord gingen. Es war aber eine kleinere Ortschaft zwischen Zadar und Sibenik. Vor Ort wird man euch jedoch sicherlich weiterhelfen können. Auch glaube ich, dass es viele verschiedene Anbieter gibt, welche die Kornaten anfahren. Ich wĂŒnsche euch sehr viel SpaĂ in Kroatien, es ist ein wunderschönes Reiseland.
Es stimmt, dass der GroĂteil des Schatz im Silbersees an den Plitvitzer Seen gedreht wurde. Der Silbersee an sich soll aber tatsĂ€chlich auf den Kornaten sein. Unser Kroatischer Vermieter bei dem wir schon einige Jahre in der NĂ€he von Zadar sind, hat uns genau das so gesagt. Und er hat nichts davon uns irgendwelche Geschichten zu erzĂ€hlen.
Hallo Markus,
vielen Dank fĂŒr deinen Kommentar. Uns wurde damals vollmundig erklĂ€rt, dass der Film auf den Kornaten gedreht wurde. Meine Vermutung ist, dass der See auf der Insel, die wir besucht haben, unter den Einheimischen Silbersee heiĂt, was jedoch nichts mit den Karl-May-Filmen zu tun hat. Wie dem auch sei, in jeder Geschichte steckt wohl ein kleines Kernchen Wahrheit.
Viele GrĂŒĂe
Christine
Na das macht die Sache ja noch angenehmer. Ich esse Fisch richtig gerne.
Gut, dass bemerkt wurde, dass bei den Temperaturen der Absatzmakrt fĂŒr Heizdecken eher spĂ€rlich ist đ
đ ja, richtig. DafĂŒr war der Ausflug umso schöner. Danke Gordana fĂŒr deinen Kommentar und viel SpaĂ euch, falls ihr ebenfalls einen Ausflug auf die Kornaten plant.
Viele GrĂŒĂe
Christine von reise-kids
Hallo Christine,
ich teile Deine Bedenken bezĂŒglich der AusflĂŒge mit solch einem Boot. Zumals das Essen meist auch noch grottenschlecht ist đ
Dein Artikel hat mir Lust gemacht, es trotzdem zu tun, denn anders scheint man im Moment leider nicht hinzukommen. Lieben Dank also fĂŒr diesen Tipp!
Liebe GrĂŒĂe,
Gordana
Hallo Gordana,
Ja, da hast du auch recht. Wir hatten damals aber sogar mit dem Essen GlĂŒck. Es gab frischen Fisch, und fĂŒr uns Erwachsene sogar doppelt, da unsere Kinder so gut wie nichts, auĂer GummibĂ€rchen und Kekse, aĂen. Schön, dass man auch mal bei kommerziellen angeboten GlĂŒck hat und zum Schluss keine Heizdecke kaufen muss. đ