Der letzte 300 Kilometer lange Abschnitt des Fernwanderwegs von Eisenach nach Budapest führt über das Mátra Gebirge und das Duna-Ipoly-Gebirge, welches mehrere Gebirgszüge umfasst. Das Mátra Gebirge liegt zwischen den Städten Eger (im Osten) und Gyöngyös (im Westen), und schließt sich westlich des Nationalparks Bükki an. Das Gebirge ist vulkanischen Ursprungs und gehört zur größten jungen Vulkanzone Europas. Der höchste Gipfel des Mátra Gebirges ist der 1014 m hohe Kékestető, der gleichzeitig der höchste Berg Ungarns ist. Die Entfernung vom westlichen Rand des Mátra Gebirges nach Budapest beträgt eigentlich nur noch 70 km. Der EB allerdings schlängelt sich noch einmal weit nach Norden in die nächste Gebirgsgruppe, welche unter dem Namen Duna-Ipoly bekannt ist. Das Gebiet des Nationalparks Duna-Ipoly umfasst die Berge Pilis, Visegrádi und Börzsöny, sowie das Ipoly-Tal und einige Gebiete der Insel Szentendrei.
Der nationale Fernwanderweg Országos Kéktúra, auf dem der EB in Ungarn komplett verläuft, lässt diese beiden sehenswerten Naturparks natürlich nicht aus. Somit erreicht auch der EB die ungarische Hauptstadt über den Norden des Landes und endet nach 2.695 Kilometern im Stadtteil Buda.
Unser letzter Start auf dem EB in Ungarn – wenn die Vorfreude der Ernüchterung weicht
Mit der Ankunft in Ungarn begleitet mich ein Gefühl von Heimkehr und Vertrautheit. Diese bizarren Gefühle angesichts einer Reise in eine eigentliche unbekannte Region interpretiere ich als eine gewachsene Verbundenheit mit dem EB. Der Wanderweg ist mir offensichtlich mehr ans Herz gewachsen, als ich das bisher wahrgenommen habe. Vieles ist mir auch nicht mehr fremd in Ungarn, die Wegweiser und Hinweisschilder des Országos Kéktúra, die kleinen Dorfläden mit dem immergleichen Sortiment an Waren, meine Lieblingslimonaden der Fa. Soproni, die hellblauen Wasserbrunnen in jedem Dorf, ja sogar die lästigen Mücken (die ich allerdings nicht vermisst habe) sind mir vertraut.

So starten wir voller Vorfreude unseren letzten, 300 km langen, Abschnitt auf dem Internationalen Bergwanderweg der Freundschaft von Eisenach nach Budapest. Wir haben aus der Erfahrung des letzten Sommers gelernt und die Reise in den Mai verlegt, um den hohen Temperaturen, die im ungarischen Sommer herrschen, zu entgehen. Unsere erste Etappe liegt nördlich von Eger und führt zunächst mit gemächlichen Anstiegen ins Mátra Gebirge. Doch schon die zweite Etappe wird die anstrengendste der Tour. Auf 27 km müssen wir 1.300 Höhenmeter überwinden. Unserer Vorfreude weicht so recht schnell der Ernüchterung, dass es auch in Ungarn steile Anstiege gibt, die wir mit Verlassen der Slowakei eigentlich hinter uns ahnten. Dafür haben wir jedoch den höchsten Berg, den Kékestető, nun hinter uns und glauben, dass es nun „bergauf“ im Sinne von „weniger bergauf“ geht.

Auf den kommenden Etappen wird es tatsächlich etwas flacher bzw. sind die Anstiege weniger steil. Der EB führt auf den weiteren Etappen durch ländliches Gebiet mit kleinen Dörfern und sehr reizvollen Landschaften. Uns fällt – wie auch schon im letzten Jahr – auf, dass es in Ungarn noch viele großflächige Wiesenflächen in den Gebirgen gibt, die augenscheinlich nicht bewirtschaftet sind, und wahrscheinlich als Winterfutter für Tiere gedacht sind. Sie bilden einen wunderschönen Kontrast zu den bewaldeten Hügeln und schaffen meist Platz für einen freien Blick in die ungarische Landschaft. Doch nicht nur die großen Wiesenflächen bieten Fernsicht, auch Aussichtstürme, die es auf diesem EB-Abschnitt zahlreich gibt, sind immer wieder eine Pause mit Fernblick inklusive wert.

Nach drei wunderschönen Wandertagen verlässt uns das sonnige Wetter und wir müssen uns mit kühlen Temperaturen und immer wiederkehrenden Regenschauern zufriedengeben. Gefällt mir gar nicht, und noch weniger meinen Füßen. Diese bräuchten nach zwei Regentagen unbedingt ein „Facelifting“, so verschrumpelt sehen sie aus. Selbst nach einem Tag in einer Pension werden meine Schuhe nicht trocken und ich muss weiterhin mit feuchten Schuhen und Socken laufen. In diesem Zustand lassen Blasen natürlich nicht lange auf sich warten. Auf dem letzten Abschnitt des EB habe ich daher zum ersten Mal dieses typische Wanderproblem und kann mich so gar nicht recht daran erfreuen. Eine weitere Herausforderung bei regnerischem Wetter in Ungarn sind die unglaublich schlammigen und rutschigen Wege, die einem das Vorankommen unter diesen Umständen fast unmöglich machen. Eine klebrige Masse haftet Kiloweise an den Schuhen und man schlittert auf dem seifigen Untergrund in alle Richtungen, nur nicht nach vorne. Glücklicherweise hält diese Schlechtwetterphase nur vier Tage an, und wir erreichen das Duna-Ipoly-Gebirge wieder trockenen Fußes.

Die Spannung steigt – Budapest wir kommen!

Vier Tagesetappen trennen uns noch von Budapest, als wir das Duna-Ipoly Gebirge erreichen. Hier gibt es noch einmal einen etwas unschönen und langen Anstieg auf den 938 m hohen Berg Csóvanyos (mit Aussichtsturm und grandioser Aussicht), aber im Großen und Ganzen hat man das Schwierigste hinter sich gebracht. Der EB führt auf den letzten Etappen noch einmal durch wunderschöne Waldgebiete, die immer wieder Fernblicke zulassen. Ja, man hat das Gefühl, dass der dichte Wald bis vor die Tore der Großstadt Budapest reicht. Und so ist es dann auch. Am letzten Wandertag tut sich der Wald erst kurz vor dem Ziel, der Pioniereisenbahn in Hüvösvölgy, auf. Vor Aufregung finden wir diese jedoch zunächst nicht und irren auf dem, unterhalb der Bahn liegenden, Busbahnhof umher. Die Schmalspurbahn, die von Kindern betrieben wird, hat es sogar ins Guinness-Buch der Rekorde geschafft, als längste Eisenbahn, die von Kindern betrieben wird.

Der große Augenblick ist nun da. Wir stehen nach fast 2.700 Kilometern vor dem nüchternen Gebäude der Pioniereisenbahn im Stadtteil Hüvösvölgy und fühlen uns etwas verloren. Nichts, aber auch gar nichts weißt daraufhin, dass der Fernwanderweg von Eisenach nach Budapest hier zu Ende ist. Das Schild, welches auf den Zielpunkt des EB hinwies ist vor einem Jahr entfernt worden. So bleibt einem EB Wanderer nichts als der Hinweis auf dem GPS-Gerät, dass man angekommen ist. Auch wenn ich mich natürlich freue, so ist die Ankunft in Budapest nicht das was ich erhofft oder erwartet habe. Etwas ernüchtert und planlos sitzen wir noch eine ganze Weile auf einer Bank am Bahnsteig und lassen uns den extra für diesen Augenblick mitgebrachten Schnaps schmecken, nach dessen Genuss zumindest ich nicht mehr nüchtern bin. Zufällig treffen wir während unserer bescheidenen „Siegesfeier“ einen Ungar, der in Deutschland gelebt hat und daher fließend deutsch spricht. Wir unterhalten uns noch fast eine Stunde mit ihm über Ungarn, den Országos Kéktúra und den EB. Er findet das was wir gemacht haben großartig und beglückwünscht uns zu unserer Leistung. So verlassen wir etwas versöhnt mit der Tatsache, dass der EB ohne sichtbaren Zielpunkt endet, den Wanderweg und freuen uns auf ein paar ruhige Tage in der für mich schönsten Stadt Europas.

Ein weiterer lohnenswerter Fernwanderweg in Ungarn
Das ist natürlich der Országos Kéktúra (übersetzt: Blaue Landestour). Er ist einer der bekanntesten – wenn nicht der bekannteste – Fernwanderweg in Ungarn. Dieser nationale Fernwanderweg wurde 1952 eröffnet und führt an der Grenze zu Österreich auf 1128 Kilometern über den Nordosten des Landes, ohne die ungarische Hauptstadt Budapest auszulassen, bis in die nordöstliche Grenzgemeinde Hollóháza an der slowakischen Grenze. Den Initiatoren des EB kam die schon bestehende Kéktúra Route bei ihrer Planung wohl ganz gelegen, weshalb sie einfach den östlichen Teil der Országos Kéktúra bis Budapest zum letzten Abschnitt des EB machten. Heute ist der größte Teil des Országos Kéktúra (ebenso wie der EB auf seinem letzten Abschnitt in Ungarn) in den europäischen Fernwanderweg E4 integriert. Die Markierung des Országos Kéktúra ist ein blauer Querstreifen auf weißem Grund. Zur nördlichen Blauen Landestour sind inzwischen zwei weitere Fernwanderwege hinzugekommen, nämlich der Rockenbauer Pál Dél-dunántúli Kéktúra und der Alföldi Kéktúra. Mit dieser Erweiterung schließt sich ein Kreis, und es entstand ein 2.584 Kilometer langer Rundwanderweg durch ganz Ungarn. Nähere Informationen über diesen erstaunlich langen ungarischen Fernwanderweg erhält man auf der offiziellen Webseite der Kéktúra Routen des ungarischen Wanderverbands.

Der EB auf dem letzten Abschnitt im Mátra- und Duna-Ipoly-Gebirge – unser Fazit
Auf dem letzten Abschnitt bleibt der EB seinem Siegel „Bergwanderweg“ treu. Es geht immer wieder auf und ab, auch wenn die Anstiege in Ungarn weit weniger lang und anstrengend sind wie beispielsweise in der Slowakei oder Polen. Auf den letzten Metern zeigt der EB, oder der Országos Kéktúra, alles was Ungarn zu bieten hat, schöne ursprüngliche Wälder, pittoreske Dörfer und einfache aber hübsche Landschaften. Mehr braucht es nicht, um als Wanderer glücklich zu sein (von gutem Wetter einmal abgesehen). Auch die logistische Infrastruktur für Wanderer ist auf dem letzten Abschnitt des EB sehr gut, wie auch schon zuvor in Ungarn. Ein Wasserproblem gibt es nicht, da in jedem Dorf mindestens ein Brunnen zu finden ist, es gibt in fast jedem Dorf einen kleinen Gemischtwarenladen und feste Unterkünfte findet man entlang des nationalen Fernwanderwegs Országos Kéktúra auch immer wieder.

Auch wenn die Ankunft in Budapest nicht das war, was ich erwartet hatte, so kann ich im Nachgang den letzten Abschnitt des EB in Ungarn als durchaus positiv bewerten. Außer den lästigen Mücken gibt es nichts was das Wandern auf diesem Abschnitt trübt – wenn man einmal von gutem Wetter ausgeht.
Mein Fazit zu Ungarn ist, dass sich dieses Land hervorragend zum Wandern eignet. Die sehr gute logistische Infrastruktur für Wanderer verdankt der EB in Ungarn dem nationalen Wanderweg Országos Kéktúra, der bestmöglich gepflegt und instandgehalten wird. Ein weiteres großes Plus für das Wandern in Ungarn ist die Möglichkeit wild zu Zelten, da dies im ganzen Land offiziell erlaubt ist. Damit ist Ungarn eine Ausnahme in den südlichen europäischen Ländern. Und ganz sicher gibt es noch ein paar Gründe mehr, weshalb in mir schon der Gedanke heranreift den Országos Kéktúra in den nächsten Jahren komplett bis zur österreichischen Grenze zu laufen. Die Hälfte haben wir ja schon. Warum nicht ganz?!

Das beste kommt zum Schluss:
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