Interview mit Mareen Wendt von „Familie auf Kurs“

Familie auf Kurs

Wir freuen uns sehr, euch heute eine junge Familie mit Herz vorstellen zu dürfen, die ihren Traum vom freien Leben mit ihren vier Kindern verwirklicht hat und uns davon erzählen möchte. Lassen wir Mareen sprechen, wie sie ihre Träume gelebt haben und was ihre Herzensangelegenheiten für die Zukunft sind:

„Wir sind als „Familie auf Kurs“ gegangen, innerlich wie äußerlich, und wir haben es auf dem Herzen weitere Familien zu erreichen und unsere Erfahrungen zu teilen. Wir sind Benjamin & Mareen und haben vier Kinder, momentan im Alter zwischen 8 und 1 Jahren. Unser Labrador-Mix vervollständigt die Bande. Nach der Geburt unseres vierten Kindes waren wir ein ganzes Jahr mit dem Wohnmobil in Europa unterwegs. Ein Jahr, ein Womo, ganz Europa! Es ist uns ein Herzensanliegen, andere einzuladen und für einen bewussten Umgang mit sich selbst und seinen Kindern zu inspirieren.

Ein Kind verändert alles in deinem Leben. Lass dich darauf ein und komm mit auf Kurs! Lebe deine Eltern-Zeit bewusst und frei!

Als junge Eltern auf Reisen gehen, bedeutet viel mehr als eine Ortsveränderung. Es geht um eine Herzenseinstellung. In jeder Situation des Alltags zählt dein innerer Kurs. Wie du dein Leben betrachtest, so blickst du am Ende auch auf dein Kind und deine Familie. Die Familie als kleinste Zelle der Gesellschaft hat eine unglaubliche Kraft. Und eine lange Reise hat ein unglaubliches Potenzial diese Kraft zur Entfaltung zu bringen!“

Familie auf Kurs unterwegs

Die Entscheidung mit euren vier Kindern „auf Kurs“ bzw. auf Reisen zu gehen, wann – und vor allem wer – hat sie getroffen? 

Es war ein längerer Prozess würde ich sagen. Es war ein Traum, den wir gemeinsam über Jahre entwickelt haben und dann auch gemeinsam entschieden. Als wir wussten, dass unser viertes Kind im August 2014 geboren wird, haben wir ab Dezember 2013 geplant. Ich habe mein Diplom zu Ende geschrieben und im Juni verteidigt und Benjamin hat das 20 Jahre alte und mit Mängeln behaftete Gefährt in unser Zuhause verwandelt. Mit viel Bauchweh übrigens zwischendrin, da muss man wohl durch. Durch Schaden wird man klug. 😉

Eure Entscheidung hatte ja weitreichende und umwälzende Folgen (um nur mal an die Schule zu denken) für euer Leben als Familie. Habt ihr euch vor dieser langen Reise auch psychisch auf dieses Abenteuer vorbereitet, wie es sein wird auf so engem Raum über einen sehr langen Zeitraum miteinander zu leben, oder was euch unterwegs erwarten wird? 

Ähm, ganz ehrlich? Nein! Oder auch ja, keine Ahnung ob man das so sagen kann. Es ist ja nicht so, dass wir vorher einen grundsätzlich anderen Alltag hatten – unsere Kinder waren nie fremdbetreut und sind es auch heute nicht. Das einzige, was entscheidend anders war in der Zeit, war die freie Ortswahl, und dass Benjamin als Papa immer da war, was natürlich eine enorme Veränderung ist, aber vor allem eine Bereicherung. Väter sind in der heutigen Zeit viel, viel zu wenig präsent im Leben ihrer Kinder. Diese Zeit lässt sich nicht nachholen. Wir wollen ermutigen, die Entscheidung für die Familie zu treffen, ganz bewusst zu treffen. Wenn das heißt, dass die tatsächlich gemeinsam verlebte Zeit knapp ist, auch ok, aber dann bitte qualitativ hochwertig, ohne Smartphone und vor allem wertgeschätzt. Es kommt nicht auf die Stundenanzahl an, die man gemeinsam verbringt, es ist das Level der Qualität deiner Beziehung in der gemeinsam verbrachten Zeit. Übrigens ein lebenslanges Übungsfeld. (Und auch ein Grund, warum „nur Reisen“ nie die Lösung sein kann. Man nimmt sich ja immer selber mit, und wer beim Reisen vor etwas fliehen will, wird nie bei sich ankommen.)

Das stimmt absolut. Nur wer bei sich ist, kann das Reisen richtig genießen. Wie haben eure Freunde und nahen Verwandte auf eure Pläne reagiert? 

Die kennen uns ja mittlerweile und wissen, dass wir uns meist nur zu Dingen entscheiden, die wir vorher gut abgewogen haben. Wenn sie Bedenken hatten, haben sie es uns nicht allzu sehr spüren lassen.

Die Kinder der Familie auf Kurs

Habt ihr bewusst alle Brücken zu eurem alten Leben abgebrochen, oder seid ihr noch mit eurer alten Heimat (mit Freunden oder Familie) verbunden? 

Ich würde nicht sagen, dass wir alle Brücken abgebrochen haben, wir versuchen Kontakte zu halten, aber natürlich geht das von unterwegs nicht auf dieselbe Weise. Wir haben eher festgestellt, dass man gemeinsame Zeit noch bewusster lebt und damit im Endeffekt sogar mehr voneinander hat, als wenn man die Möglichkeit hat sich z.B. wöchentlich zu sehen und die Beziehung dabei abstumpft.

Jetzt zum eigentlichen Reisejahr: Welche Länder habt ihr besucht und wo hat es euch persönlich am besten gefallen und warum?

Unsere Route verlief folgendermaßen: Zunächst Süddeutschland, Italiens Westküste bis in die Stiefelspitze, Sizilien, ab Palermo mit der Fähre zurück bis Genua, zurück nach Deutschland, danach kurze Pause, weiter über die Schweiz nach Frankreich (Pont du Gard!), Spanien, Katalonien, Südküste (Alhambra, Granada, Tarifa, Andalusien), Portugal, Algarve, Zentralportugal, Madrid (Herzenswunsch erfüllen – Bernabeu!), Katalonien, wieder über Frankreich zurück. Dann war schon wieder Sommer. Wir kreuzten durch das Elsass und das wunderschöne Alpenvorland, die Kufstein-Region, den Bodensee. Wir verlängerten noch einmal bis Mitte September und tourten über Warschau nach Danzig, die polnische Ostsee-Küste entlang, ab Stettin nach Schweden, durch das wunderbare Österlen nach Smaland in die Welt Astrid Lindgrens. Über Dänemark ging es zurück, durch Berlin wieder Richtung Süden, wir näherten uns dem neuen Heimathafen auf Zeit, dem Elsass/Frankreich.

Ich glaube nicht dass wir ein spezielles Land rausnehmen würden – es gab überall sooo tolle Flecken, dazu reicht der Platz hier nicht aus. Wir haben Wale beobachtet in der Straße von Gibraltar, wir haben wilde Flussschildkröten beobachtet in Portugal, haben in einem alten polnischen Dorf die Heimat meines Großvaters besucht und uns in Schweden in die Wälder und Hügel der Bullerbü-Geschichten verliebt. Grundsätzlich antworten die Kinder auf die Frage was ihnen am besten gefallen hat eigentlich immer mit einer Tier-Beobachtung. Und das muss kein spektakuläres Tier sein. Wir haben eine Woche in Portugal damit zugebracht über die dort lebenden Störche zu staunen, die ihre Nester vor Verzweiflung und Platz-Not auf Autobahn-Schilder gebaut haben…

Unterwegs daheim - und das mit der Familie

Ihr beschreibt eure Reise als eine Art Lebensreise, die ihr mit euren Kindern „bewusst“ Leben möchtet. Habt ihr dieses Bewusstsein, dass ein Leben auf Reisen genau die Lebensform ist, die ihr leben möchtet, oder kam euch diese Erkenntnis erst unterwegs? 

Das war schon vorher da. Unterwegs wurde das bestätigt, und es festigt sich, deine Vorstellung von dem, was du willst, und dem, was du nicht willst. Beides darf sein und hat seinen Platz. Deswegen sagen wir: Die Reise beginnt im Herzen, mit einem Wunsch, einem Gedanken.

Kommen wir jetzt zu den eher praktischen Fragen, die sicherlich viele Leser interessieren: Wie viel Gepäck hattet ihr auf dieser Reise dabei, war euer Womo manchmal überladen, und was musstet ihr aus Platzgründen zähneknirschend zurücklassen? 

Zähneknirschend? Gar nix! 🙂 Es sprengt hier wohl den Rahmen eine komplette Packliste zu erstellen, aber wir hatten im Endeffekt meist sogar zu viel dabei. Jedes Kind hatte z.B. einen kleinen Drahtkorb mit Klamotten, das war völlig ausreichend (ok, ohne Jacken und Regensachen gerechnet, und ohne Schuhe) – Wir waren mit einem 3,5 Tonnen Womo unterwegs, wo jeder Händler uns schon bei der Suche mit 3 Kindern sagte, vergesst es… Es ging! Klar hätte ich mehr Platz genommen wenn ich ihn gehabt hätte, aber davon war nicht abhängig, ob es eine einmalige und geniale Reise wird oder nicht. Wir haben nur einmal auf der Waage gestanden, und da waren wir noch nicht voll beladen. Wir werden definitiv immer an der Grenze gewesen sein… nach der kurzen Reise-Pause im Winter haben wir uns entschlossen die Fahrräder komplett abzuladen, die sind hinten drauf nur gerostet, und benutzt haben wir sie viel zu selten. Vielleicht hätte ich gern noch den Kinder-Car Radanhänger dabei gehabt (als doppelten Kinderwagen nutzbar), aber es ging auch ohne natürlich wunderbar. Es ist schon wichtig sich diese Gedanken zu machen, aber letztlich sind solche Dinge nicht das Entscheidende.

Gab es Gegenstände aus eurem Leben vor dem Womo, die ihr unterwegs vermisst habt?

Das ist schnell beantwortet: Nein! Natürlich nutzt man dann auch wieder Dinge, wenn man in einer festen Behausung lebt, die man unterwegs nicht dabei hatte. Aber „vermisst“, nein. Was mir unterwegs „fehlt“ mit 4 kleinen Kindern ist vielleicht meine eigene Waschmaschine 😉 Doch auch dazu gibt es unterwegs Lösungen, Waschsalons etc.

Der Traum vom freien Leben und Reisen

Verratet ihr uns auch, was euch diese Reise gekostet hat und wie ihr sie finanziert habt?

Im Prinzip ist das Leben im Camper viel günstiger als mit festem Wohnsitz. Wir haben fast immer „frei gestanden“, hatten also kaum Stellplatzkosten. Selbst die kann man z.B. mit solchen Dingen wie der „ACSI-Card“ (Rabattkarte aus Holland für große Teile Europas mit Festpreisen für Camping in der Nebensaison). Wobei die meisten Campingplätze, die in der Nebensaison überhaupt geöffnet haben, auch sehr günstige Angebote haben. Wir haben in dem Jahr Elterngeld bezogen und unsere Wohnung aufgelöst, hatten also kaum Fixkosten. (Verträge gekündigt etc.) – Wenn man etwas wirklich tun will, wird man auch die oft vorgeschobene Finanzierungs-Frage lösen können. Ach ja: Das Womo hatten wir gebraucht gekauft und natürlich auch viel Lehrgeld bezahlt, was uns aber nicht aufgehalten hat. Alle Fehler wurden in nächtelanger Arbeit beseitigt und schlussendlich sind wir direkt von der letzten TÜV-Nachprüfung in die Reise gestartet.

Eure ältester Sohn war zu Beginn der Reise schon schulpflichtig. Wie habt ihr das Jahr in dieser Hinsicht organisiert?

Unser ältester Sohn ist genau mit der Abreise schulpflichtig geworden. Beziehungsweise wurde es eben nicht, da wir ja Deutschland verlassen haben und keinen Wohnsitz mehr hatten. Wir möchten unseren Kindern ermöglichen, sich frei zu bilden und sehen jeden Tag bestätigt, dass sie begeistert lernen und sich entwickeln. Unsere beiden großen Kinder sind mittlerweile an einer internationalen Schule registriert und machen einmal im Jahr einen Jahrestest, der aber sehr stressfrei abläuft. So war die Reise mit freiem Lernen eben kein Problem, sondern viel eher eine von uns geliebte und bewusst eingegangene Lebens-Haltung.

Jetzt muss ich mich mit den Fragen schon wieder zügeln. Ihr seid so eine interessante Familie, dass ich gerne noch viele, viele Fragen an euch richten würde, muss aber leider zur letzten kommen, wobei ich den Bogen zur sechsten Frage spannen möchte: Nach diesem Jahr eurer Lebensreise, wie fühlt und denkt ihr heute über die damalige Entscheidung „auf Kurs“ zu gehen, habt ihr weiterhin vor diesen Kurs zu halten und könnt ihr euer Lebenskonzept anderen Familien empfehlen?

Uneingeschränkt JA!! Wir wollen andere einladen mitzukommen „auf Kurs“. Und das schöne ist, dass das für jede Familie anders aussehen kann. Manche wollen reisen, Teilzeit, Vollzeit, wie auch immer. Manche wollen sich ein festes Häuschen kaufen und Wurzeln schlagen. Darum geht es nicht, es ist dein SEIN was gefragt ist, bist du hier, in diesem Moment? Viele finden solche Momente im Unterwegs sein. Und es hat definitiv Kraft, die Welt zu entdecken, in andere Kulturen einzutauchen und Menschen zu begegnen. Wir sollten realisieren, dass wir alle zusammen gehören, überall auf diesem wunderschönen Planeten wird Familie gelebt. „Die Familie als kleinste Zelle der Gesellschaft hat eine unglaubliche Kraft. Und eine (lange) Reise hat ein unglaubliches Potenzial, diese Kraft zur Entfaltung zu bringen“.Von daher: legt los! Ihr könnt nicht scheitern! Danke auch dir Christine für dein Ermutigen mit deinem Buch!

Familie auf Kurs

Starke Schlussworte einer starken lebensbejahenden Mutter. Vielen lieben Dank, Mareen, auch für das Kompliment bezüglich meines Buches 🙂 , und das packende Interview. Ich wünsche euch, dass ihr eure Familienträume auch in Zukunft wahr werden lasst und ihr immer auf einem glücklichen Lebens-“Kurs“ bleibt.

Benjamin Wendt, der Vater von Familie auf Kurs hat einen super informativen Reisemobilführer geschrieben, der wirklich alles rund um das Thema „Reisen als Familie mit dem Wohnmobil“ behandelt. Das Reisemobil-ABC ist ein Standardwerk der Reisemobil-Literatur – speziell für Familien mit Kindern – das absolut nichts vermissen lässt. Für alle Familien, die sich ihre Täume vom Reisen mit ihren Kindern erfüllen wollen und mit einem Wohnmobil auf große Tour gehen eine unverzichtbare Vorbereitungs- und Reiselektüre.

Wir finden das ganz große Klasse!

Schaut doch mal bei Familie auf Kurs vorbei und seht was dieser Reisemobilführer zu bieten hat!

Alle Bilder dieser Seite unterliegen dem Copyright von Familie Wendt.

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2 Kommentare zu „Interview mit Mareen Wendt von „Familie auf Kurs““

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