Etappe 5 von Ottorfszell nach Amorbach 17,5 km 550 hm
Die fünfte Etappe des Nibelungensteigs kann wieder mit zwei sehr anstrengenden Anstiegen aufwarten. Schon in der Ortschaft Ottorfszell führt der Nibelungensteig bergan. Dieser Anstieg auf den Preunscher Berg (484) ist in der ersten Hälfte steil und in der letzten Hälfte richtig steil. Ich bin heilfroh, dass der Wanderweg an diesem heißen Tag zumeist durch dichten Wald führt. Auf der Höhe bei der Ortschaft Preunschen ist das allerdings nicht mehr der Fall und die Sonne scheint gnadenlos auf uns herab. Zum Glück geht es bald wieder in den Wald hinein.
Der Nibelungensteig führt von Preunschen in Wellen bergab. Auf halber Strecke ins Tal kommt man an einer wirklich sehr schönen Sehenswürdigkeit vorbei, der imposanten Burgruine Wildenberg, die ebenfalls einen Bezug zur Nibelungensage hat. Zwei Kilometer weiter passiert man im Tal eine klitzekleine Siedlung und quert eine Autostraße. Gleich dahinter zeigt der Nibelungensteig wieder seine Zähne und führt fast kerzengerade auf den 470 m hohen Atzberg zur nächsten kleinen Ortschaft namens Beuchen.
Diese kleine Siedlung wäre an sich nicht weiter erwähnenswert, wäre dort nicht das einzige Servicehäuschen des Nibelungensteigs. Dort können sich Wanderer des Nibelungensteigs mit gekühlten Getränken (gegen eine geringe Gebühr) versorgen oder bei schlechtem Wetter ein wenig aufwärmen. Wir finden diesen Service super und genießen ein gekühltes Getränk im Schatten des Häuschens, bevor wir weiterziehen. Auf den letzten knapp 8 Kilometern nach Amorbach führt der Nibelungensteig nur noch bergab, zumeist durch dichten Wald und auf wunderschönen engen Waldwegen. Auf halber Strecke kommt man noch an einer schönen Schutzhütte vorbei, von der aus man einen schönen Blick ins Tal Richtung Amorbach genießen kann. Der schmale und mit Vegetation überwucherte Weg auf den letzten Kilometern nach Amorbach entlang des Flüsschens Morre gehört für mich zu den schönsten Abschnitten des Nibelungensteigs. Die bayerische Grenzgemeinde Amorbach kann mit zwei wunderschönen Barockkirchen aufwarten und besitzt auch sonst alle touristischen Annehmlichkeiten.
Etappe 6 von Amorbach nach Freudenberg 26,3 km 750 hm
Die letzte Etappe des Nibelungensteigs ist mit 750 Höhenmetern und 26 Kilometer Länge noch einmal heraufordernd. Schon am frühen Morgen, als wir gegen 8 Uhr losziehen, ist es erstaunlich heiß. Heute werden die Temperaturen sicher die 30 Grad Marke knacken. Mit dem nötigen Respekt starten wir deshalb in diese Etappe und teilen uns unsere Kräfte gut ein.
Der Nibelungensteig verlässt Amorbach in nördlicher Richtung über den Gotthardsberg, auf den es natürlich wieder einmal steil hinaufgeht. Auf den Berg befindet sich eine Kirchenruine von der aus man einen schönen Blick auf Amorbach und die bewaldeten Hügel des Odenwaldes genießen kann. Zur nächsten Mini-Gemeinde Reuenthal geht es nun gemächlich bergab, um gleich danach wieder anzusteigen. Die erste große Anhöhe des Tages ist nach 8 Kilometern in der Bauernhofsiedlung Monbrunn erreicht. Die weit auseinander liegenden Höfe zwischen weiten Feldern und Weiden könnten so auch in Schweden stehen. Die ländliche Szenerie ist für das dicht besiedelte Deutschland eher ungewöhnlich, aber überaus reizvoll. Hier gibt es eine liebevoll gestaltete Gaststätte mit Biergarten namens Jägerruh, die zwar nur an zwei Wochenenden des Monats (die ersten beiden) geöffnet hat, aber ein echter Geheimtipp für Naturfreunde ist. Wir haben Glück an diesem Wochenende und können eine kleine Mahlzeit in herrlicher Umgebung genießen.
Von Monbrunn aus führt der Nibelungensteig auf breiten Schotterwegen in Tal nach Miltenberg und hat hier nun das Maintal erreicht. Von der Burg Mildenburg genießt man einen weiten Rundblick in das Maintal und die umliegenden Gemeinden. Wer noch nie in der Stadt Miltenberg gewesen ist, sollte sich für dieses hübsche Fachwerkstädtchen ein bisschen mehr Zeit nehmen und vor allem den internationalen Tourismus genießen (Grins). Tatsächlich ist die Stadt Miltenberg das Rothenburg des Maintals.
Weniger schön ist die Tatsache, dass der Nibelungensteig nun über 3 Kilometer durch die Stadt Miltenberg und die nächste Gemeinde Bürgstadt führt. Natürlich ist es jetzt zur Mittagszeit besonders heiß und wir quälen uns durch den „Großstadtdschungel“ über glühend heiße Asphaltstraßen. Entsprechend erschöpft komme ich am Fuße des letzten Hügels des Tages – und des gesamten Nibelungensteigs – an. Doch dieser hat kein Mitleid mit mir als erschöpfte Wandersfrau, sondern lässt mich auf quälend langen und steilen Anstiegen leiden. Vielleicht kommt es mir nur so vor, aber dieser Anstieg auf den 482 m hohen Wannenberg ist für mich der steilste und anstrengendste der gesamten Wanderung. Auf den letzten Metern des Nibelungensteigs wird die Nibelungensage noch einmal thematisiert, indem hier ein Bildungs- und Jugendwanderweg angelegt wurde. In Form von Sandsteinskulpturen (welche Schüler einer Mittelschule gestaltet haben) werden die Hauptfiguren der deutschen Saga noch einmal vorgestellt und die Geschichte kind- und jugendgerecht erklärt. Eine schöne Idee, wie ich finde.
Der Abstieg zum Ziel nach Freudenberg ist – wie sollte es anders sein – wieder einmal steil, ganz so wie es für den Nibelungensteig üblich ist. Die Ankunft ist ein wenig ernüchternd, da ein in Stahl gegossenes Endschild fehlt und es keinen sichtbaren Hinweis dafür gibt, dass dieser Fernwanderweg hier zu Ende ist. Was soll′s, schön war′s trotzdem.
Unser Fazit zum Nibelungensteig
Der Nibelungensteig ist aus unserer Sicht zu Recht ein Qualitäts-Wanderweg, der vor allem eines vorweisen kann, überdurchschnittlich viele naturnahe Wege. Kaum ein Wanderweg, den wir bisher gelaufen sind, kann mit so vielen Waldwegen aufwarten wie der Nibelungensteig. Breite Forst- und Schotterwege sind deutlich seltener als bei vergleichbaren Wanderwegen, und Asphaltstrecken gibt es so gut wie keine (nur im Umkreis der Ortschaften). Das macht den Nibelungensteig zu einem sehr naturnahen Wanderweg, der auch noch mit vielen kleinen Sehenswürdigkeiten am Wegesrand aufwarten kann. Daneben macht die Saga der Nibelungen den Weg zu einem spannenden, kulturellen Ereignis, bei der man richtig eintauchen kann in historische Welten, die zwischen Fiktion und Wirklichkeit schweben.
Der Nibelungensteig ist ein anspruchsvoller Wanderweg, auch wenn die Wege selbst gut zu begehen sind. Die Anstiege sind meistens steil, auch wenn sie nur über die nicht sehr hohen Hügel des Odenwalds führen. Als wenig trainierter Wanderer sollte man dies wissen. Die Beschilderung ist in der Regel gut bis sehr gut. Einige Male allerdings fehlten die roten Markierungen an wichtigen Stellen und Wegkreuzungen, oder sie sind viel zu spät ersichtlich. Hin und wieder stimmte meine Navigation nicht mit der Beschilderung überein, d.h. der Wanderweg wurde wahrscheinlich verlegt. Dazu muss ich erwähnen, dass ich meine Daten von der offiziellen Webseite des Wanderweges habe. Wer den Nibelungensteig wandert, sollte auch wissen, dass es wenige Einkaufsmöglichkeiten auf der Strecke gibt. Auch die Gasthausdichte ist nicht sehr hoch, bzw. sind die Öffnungszeiten vielerorts eingeschränkt. Die Dichte an Unterkünften in Form von Hotels, Pensionen und privaten Zimmern ist dagegen sehr hoch. Auch finden sich auf allen Abschnitten – so wie wir sie gelaufen sind – Campingplätze (sogar noch einige mehr).
Alles in Allem war der Nibelungensteig für uns ein lohnenswerter Wanderweg, der sich das Prädikat „besonders sehenswerter Fernwanderweg“ verdient hat.
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