Unsere erste Radtour mit Baby durch Franken – die ersten Tage für unser Baby im Fahrradanhänger

Der erste Reisetag beginnt – wie eigentlich immer bei uns – ein wenig hektisch. Vom langen Einpacken, Verpacken und Umpacken schon ganz verschwitzt, beginnen wir gegen zehn Uhr unsere Tour. Wir haben geplant, immer dann zu fahren, wenn der Kleine müde ist, und das ist genau um diese Zeit. Meine Befürchtung, unser Prinz könnte bei der ganzen Schaukelei nicht schlafen, bewahrheitet sich Gott sei Dank nicht. Den ganzen Vormittag schlummert er friedlich in seinem Anhänger. Um die Mittagszeit haben wir schon fast die Hälfte der heutigen Strecke bewältigt. Die Mittagspause muss ein wenig länger ausfallen als zu früheren Zeiten, da ich jetzt auch noch stillen muss. Paul ist jetzt fast sechs Monate alt, wird aber noch voll gestillt. Ich habe die Abstillphase bewusst auf die Zeit nach diesem Urlaub gelegt, da das Stillen auf Reisen noch das bequemste und einfachste ist. Im Schatten einiger Bäume verbringen wir fast zwei Stunden. Gegen vierzehn Uhr ziehen wir weiter, aber Paul ist noch nicht so müde, dass er schlafen könnte. Deshalb macht er auf den ersten Kilometern seinem Ärger Luft und schreit aus vollem Hals. Warum soll er jetzt in diesem blöden Anhänger sitzen, wo es doch so schön war, auf der Wiese zu krabbeln und Gras zu rupfen. Ich fahre hinter dem Fahrradanhänger her und versuche mein Baby durch singen ein wenig abzulenken, leider mit mäßigem Erfolg. Irgendwann schläft er dann beleidigt, und offensichtlich doch sehr müde, ein. Unser heutiges Etappenziel ist die Stadt Schweinfurt. Dort wohnen Verwandte meines Freundes, bei denen wir übernachten können. Für die eigentlich kurze Strecke von gerade einmal fünfzig Kilometer, sind wir heute ganz schön platt und auch unser Baby hat am Abend überhaupt keine Lust mehr im Anhänger zu sitzen. Das Fazit unseres ersten Tages: Nimm dir nicht zu viel vor, mit einem kleinen bewegungsfreudigen Baby!

Mit Baby und Fahrradanhänger ist weniger mehr

Baby Paul on tour
Der Beginn der ersten großen Reise verschlafen

Heute beherzigen wir unser Fazit von gestern und planen eine kürzere Tagesetappe. Gegen 10.30 Uhr verlassen wir Schweinfurt Richtung Osten. Leider müssen wir die Innenstadt durchqueren, um den Radweg zu erreichen. Das kostet erfahrungsgemäß immer viel Zeit und bedeutet auch oft, dass man sich mehrere Male verfährt. Dennoch läuft es heute besser als gestern. Unser Baby schläft den ganzen Vormittag friedlich im Anhänger. Mit einem Kinderanhänger und Gepäcktaschen ist man auf den Radwegen eine außergewöhnliche Erscheinung (Im Jahr 2002 war das tatsächlich noch so.). Ständig wird man angesprochen und freundlich belächelt. Vor allem ältere Menschen können kaum glauben, was sie da in unserem Anhänger sitzen sehen.

Gegen Mittag, als unser Kleiner wach wird, suchen wir uns einen hübschen Rastplatz am Main. Unser heutiges Ziel ist ein Campingplatz in Sand am Main. Die kleine Ortschaft liegt nur dreiunddreißig Kilometer von Schweinfurt entfernt. Mit unserer Irrfahrt durch die Stadt haben wir jedoch am Ende einundvierzig Kilometer auf dem Tacho, als wir am frühen Nachmittag am Campingplatz ankommen. Paul geht es heute prima. Auf den letzten Kilometern war er wach und quietschfidel. Jetzt hat er noch genügend Zeit zum Spielen. Wir stellen unser Zelt auf und verbringen den ganzen Nachmittag faul in der Sonne liegend. Ein wenig mulmig ist mir schon, wenn ich an die erste Nacht mit unserem sechs Monate alten Baby im Zelt denke. Ob er wohl schlafen kann? Denn so ruhig wie Zuhause ist es hier nicht. Am Abend ist am Seeufer in der Nähe des Campingplatzes ein kleines Fest, und die Musik dröhnt schon jetzt zu uns herüber. Doch meine Angst erweist sich einmal wieder als völlig unbegründet. Nach seiner Abendration Milch schläft mein Baby selig ein und wacht erst am nächsten Morgen wieder auf.

Wir starten heute etwa zur gleichen Zeit wie gestern. Das morgendliche Einpacken der Ausrüstung dauert mit Baby doppelt so lange als ohne, auch wenn er die meiste Zeit auf seiner Decke liegt und uns beim Aufsatteln der Räder interessiert beobachtet.

Mit Fahrradanhänger über die Hügel der Fränkischen Schweiz

Das heutige Wetter ist ideal zum Radeln. Es ist mild, nicht heiß, kein Wind und es regnet nicht. Die Fahrt bis Bamberg verläuft tadellos. Schon gegen zwölf Uhr erreichen wir die historische Frankenmetropole. Heute ist Sonntag und es herrscht ein reger Betrieb in der Altstadt. Wir jedoch halten uns dort nicht lange auf. Das Mittagessen nehmen wir in einer Gaststätte außerhalb Bambergs ein. Nach kurzen Überlegungen beschließen wir, heute noch bis nach Hollfeld zu fahren. Dort soll es einen Campingplatz geben. Das Wetter ist immer noch sehr gut und unser Baby ist heute bester Laune, sodass wir es wagen, heute noch fünfunddreißig Kilometer zu fahren. In einem kleinen Stadtpark in Bamberg wird unser Baby, unter den Augen vieler erstaunter Schaulustigen noch kurz gewickelt, bevor es Richtung Fränkische Schweiz weitergeht. Anfangs läuft es noch recht gut. Doch nachdem wir den Main-Radweg verlassen haben, geht es über die Berge der Fränkischen Schweiz. Das kostet sehr viel Kraft und braucht leider ein wenig mehr Zeit, als am flachen Mainufer entlang. Nachdem Paul seinen Mittagsschlaf beendet hat, möchte er auf keinen Fall mehr sitzen. Er schreit wie am Spieß, um endlich aus diesem blöden Fahrrad-Anhänger herausgenommen zu werden. Wir legen also noch eine Zwangspause ein. Augenblicklich befinden wir uns in einem engen Tal und wissen genau, dass es nur einen Weg hinaus gibt, nämlich über die Berge. Die Landstraße schlängelt sich in engen Serpentinen den Hang hinauf. Paul ist nun super schlecht gelaunt und hat überhaupt keine Lust mehr Fahrrad zu fahren. Ich auch nicht. Wir verlassen kurzerhand den Radweg und heizen über eine sehr viel flachere Landstraße der Fränkischen Schweiz unserem heutigen Ziel entgegen. Am Himmel bauen sich drohende Schlechtwetterwolken auf. Es riecht förmlich nach einem Gewitter. Abgehetzt und leicht genervt erreichen wir schließlich Hollfeld. Sofort nehmen wir das schreiende Baby aus seinem Anhänger und mein Freund trägt den kleinen Schreihals im Tragetuch und schiebt dabei sein Fahrrad. Sofort kehrt Ruhe ein. Das Tragetuch ist für unser Baby seit seiner Geburt ein Rückzugsort, den es liebt, und in dem es Stunden verbringen kann, ohne auch nur einen Mucks von sich zu geben. Mühselig müssen wir uns nach dem Campingplatz durchfragen, und schließlich erschüttert feststellen, dass es gar keinen Campingplatz gibt. Man hat uns zu einem Pfadfinder Grill- und Campingplatz geführt, der außerhalb der Ortschaft verwaist liegt. Die wenigen Holzhütten sind verschlossen und die Wasserhähne spucken keinen Tropfen aus. Wenn es Wasser geben würde, könnte ich mich bereit erklären hier zu bleiben, aber wir müssen dem Kleinen doch einen Tee kochen und uns etwas zu Essen. Zudem kommen die pechschwarzen Wolken am Himmel immer näher. Wir fahren zurück ins Dorf und suchen uns eine feste Unterkunft. Recht schnell finden wir im nächstbesten Gasthof ein Zimmer. Wir haben es gerade bezogen, als ein Unwetter hereinbricht, wie ich schon lange keines mehr erlebt habe. Ich bin heilfroh und dankbar, dass wir noch rechtzeitig ein Dach über dem Kopf gefunden haben.

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